Das widerständige Leben der Karola Bloch

Im zwanzigsten Todesjahr Karola Blochs kamen in Pfullingen in Sichtweite des früheren Neske-Verlagshauses über fünfzig interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer zusammen, um Felicitas Vogel, der Kuratorin der Neske-Bibliothek, bei ihrer Lesung aus Karola Blochs Autobiografie „Aus meinem Leben“ zu lauschen.

Im Garten des ehemaligen Klarissenklosters, das aus einer der frühen religiösen Frauenbewegungen hervorgegangen war, wurde das widerständige Leben der Polin und Jüdin, Architektin und Sozialistin Karola Bloch dem vorwiegend weiblichen Publikum leidenschaftlich und berührend vor Augen geführt. Die frühere Leiterin der Stadtbibliothek und heutige Kuratorin der Neske-Bibliothek, Felicitas Vogel, las aus der Lebensgeschichte der aktiven Hitlergegnerin. Zu dem Nachmittag hatte die Neske-Bibliothek und die Volkshochschule Pfullingen mit Unterstützung des Talheimer Verlages eingeladen.

In seinem Grußwort würdigte Welf Schröter, Mitherausgeber der Schriften Karola Blochs und langjähriger politischer Vertrauter der am 31. Juli 1994 Gestorbenen, den Mut und die Zivilcourage Karola Blochs. Ihr Leben sei gezeichnet gewesen von der unermesslichen Trauer um ihre Eltern und Angehörigen, die ins Warschauer Ghetto verschleppt und im KZ Treblinka ermordet wurden. Bis zu ihrem Tod sei Karola Bloch von diesem Trauma verfolgt worden. Schröter sprach sich dafür aus, der Haltung Karola Blochs nachzukommen und sich heute energisch gegen Antisemitismus zu wenden.

(Foto: © Welf Schröter)

(Foto: © Welf Schröter)

In der Lesung wurde sowohl die junge rebellische Karola Bloch, die aus einem begüterten Elternhaus einer Textilunternehmerfamilie kam, ebenso lebendig wie die spätere Architekturstudentin, die sich in die Bauhaustradition begab. Ihre erste große Liebe war der Schriftsteller und spätere Spanienkämpfer Alfred Kantorowicz. Er war es, der ihr den zwanzig Jahre älteren Ernst Bloch vorstellte. Damit begann eine lebenslange Beziehung zwischen zwei Menschen, die über die Exilstationen Wien, Paris, Prag, New York, Boston, Leipzig nach Tübingen kamen. In der Hoffnung, dass nach 1945 mit der DDR ein besseres Deutschland entstünde, gingen beide nach Leipzig. Schon nach wenigen Jahren geriet Karola Bloch in Widerstreit mit der SED. Die Blochs erhielten Berufs- und Publikationsverbot. Anlässlich des Mauerbaus 1961 blieben sie während eines Aufenthaltes in Westdeutschland. 1981 veröffentlichte Karola Bloch ihre Autobiografie im Pfullinger Neske-Verlag. Seit 1995 ist eine Neuauflage in einem anderen Verlag wieder lieferbar.

Schreibe einen Kommentar