“Utopie und die Sehnsucht sind etwas Wirkliches” (Karola Bloch)

„Für mich bleibt Utopie eine Realität im menschlichen Denken. Sie ist nicht nur Imagination, sondern sie steckt im menschlichen Wesen. Man denke nur an die Religionen. In der Religion ist vieles utopisch. Auch nach der Phase der Aufklärung zeigte sich die Religion als starke geistige Macht. Millionen Menschen in der Welt haben sich ihre religiösen Gefühle bewahrt. Sie brauchen Utopien für ihr Leben. Ohne solche Ideen konnten sie sich wahrscheinlich ein Leben nicht vorstellen und auf die Dauer nicht aushalten. Ich habe in vielen Ländern gearbeitet und habe dort derartige Erfahrungen gemacht. Utopie und die Sehnsucht sind etwas Wirkliches.“

(Utopie ist etwas Wirkliches. Welf Schröter im Gespräch mit Karola Bloch (1990). In: „Ich gehe zu jenen, die mich brauchen“. Zum 85. Geburtstag von Karola Bloch, hrsg. von Anne Frommann und Welf Schröter, S. 118-123, S. 120.)

Zum Beginn des 30. Todesjahres der Architektin Karola Bloch

Lesung und Audioangebote zur Erinnerung an Karola Bloch (1905–1994), Architektin und politisch aktive Frau – Zusammengestellt anlässlich ihres kommenden 30. Todestages im Jahr 2024

Unter dem Titel „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR: Die Architektin der Kindergärten – Das Beispiel des Leipziger Spinnerei-Kindergartens“ findet am 22. Januar 2024 um 18.00 Uhr eine Online-Lesung statt. Es lesen Roland Beer, Irene Scherer und Welf Schröter, unterstützt von Claudia Lenz. Mit diesem Abend wird die öffentliche Folge von Online-Lesungen zur Würdigung des Lebensweges und des Lebenswerkes der Architektin Karola Bloch fortgesetzt. Karola Bloch wurde vor 119 Jahren am 22. Januar geboren. Die Lesungen in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ zeichnen den Weg der Architektin, Hitlergegnerin, Stalinkritikerin, Sozialistin, Polin und Jüdin nach.

Die neue Lesung schildert ihre Leipziger Zeit in den fünfziger Jahren. Im vorigen Teil 1 wurden die Widersprüche und Widerstände zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“ deutlich: Karola Blochs Kritik an der offiziellen SED-Linie der „Nationalen Bautradition“ offenbarte sich in ihrem Ringen um das „Neue Bauen“ und um die künstlerische Erbschaft des Bauhauses. Teil 2 zeigt die Arbeit der Architektin am Beispiel des Leipziger Spinnerei-Kindergartens. Ganz im Sinne der Architekturmoderne hatte Karola Bloch bei ihren Typen-Entwürfen das Ziel, kindgerechte Welten zu planen. Sie wollte die Grundrisse der Einrichtungen zum Wohl der Kinder aber auch zum Wohl des Betreuungspersonals optimieren. Dazu nutzte sie den interdisziplinären Planungsansatz, den sie an der TH Berlin bei Bruno Taut kennengelernt hatte und den sie sehr schätzte.

Karola Bloch hatte in ihrer Exilzeit in den dreißiger Jahren in Prag mit der Designerin Friedl Dicker zusammengearbeitet. Friedl Dicker war vor 1933 in der Löwenstein’schen Pausa beschäftigt. Die Lese-Reihe wird getragen von: Redaktion „Latenz“, Redaktion „bloch-akademie-newsletter“, Löwenstein-Forschungsverein e.V., Hans-Mayer-Gesellschaft e.V. und Talheimer Verlag. Für die Übersendung des Zugangslinks (Zoom) wird um Anmeldung gebeten bei: schroeter@talheimer.de

Anlässlich des nahenden dreißigsten Todestages von Karola Bloch am 31. Juli 2024 wurden nun acht Aufzeichnungen von Online- und Präsenz-Lesungen aus Büchern von sowie über Karola Bloch frei zugänglich bereitgestellt. Darunter finden sich die Aufzeichnungen der Lesung beim Tübinger Bücherfest 2023 sowie der Online-Lesung „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“. Im Zentrum steht vor allem die Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: >> „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch <<. Link zur Audio-Datei-Gesamtübersicht: http://bloch-blog.de/karola-bloch/

Karola Bloch

Audiodateien der Lesungen zum Lebensweg und Lebenswerk der Architektin Karola Bloch (1905–1994) – Zusammengestellt anlässlich ihres kommenden 30. Todestages im Jahr 2024

Übersicht über die Aufzeichnungen von Online- und Präsenz-Lesungen aus Büchern von sowie über Karola Bloch. Im Zentrum steht die Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: >> „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch <<. Der neue Doppelband stellt eine Wiederentdeckung und zugleich in hohem Maße eine informationsreiche Neuentdeckung des Lebensweges und des Lebenswerkes der Architektin Karola Bloch (1905–1994) dar. Es lesen Roland Beer, Irene Scherer und Welf Schröter, unterstützt von Claudia Lenz. Die Lesungen waren Teil der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“. Diese Reihe wird getragen von: Redaktion „Latenz“, Redaktion „bloch-akademie-newsletter“, Löwenstein-Forschungsverein e.V., Hans-Mayer-Gesellschaft e.V. und Talheimer Verlag.

Näheres zum bebilderten Doppelband
Hinweise auf Bücher von wie auch über Karola Bloch

[ Audio VIII ] „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/nqEM5Y4ajCw
Aufzeichnung (Audiodatei 75 Min.) der Online-Lesung am 14. Dezember 2023 unter dem Titel: „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“. Mit diesem Abend wird die öffentliche Folge von Online-Lesungen zur Würdigung des Lebensweges und des Lebenswerkes Karola Blochs fortgesetzt. Die Lesungen in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ zeichnen den Weg der Architektin, Hitlergegnerin, Stalinkritikerin, Sozialistin, Polin und Jüdin nach. Die neue Lesung schildert ihre Leipziger Zeit in den fünfziger Jahren. Unter dem Titel „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“ werden die Widersprüche und Widerstände deutlich: Karola Blochs Kritik an der offiziellen SED-Linie der „Nationalen Bautradition“ zeigt sich in ihrem Ringen um das „Neue Bauen“.

[ Audio VII ] Tübinger Bücherfest 2023: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch
Zur Audiodatei: https://youtu.be/saAdICM28gs
Aufzeichnung (75 Min.) der Lesung beim „Tübinger Bücherfest 2023“ am 24. September mit Roland Beer, Claudia Lenz, Irene Scherer, Welf Schröter in der Galerie Fingur in Tübingen. Die Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ war Narges Mohammadi, Sepideh Gholian, Niloufar Bayani und Golrokh Iraee gewidmet. Der Doppelband „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch“ lässt diese Frau auf neue Weise für sich sprechen. Es ist eine Wiederentdeckung und zugleich eine Neuentdeckung. Bislang unbekannte Briefinhalte, unveröffentlichte Beiträge und Texte, Fotos, Einblicke in das Leben einer Frau, die ihr Leben lang kämpfen musste, bringen ein zu wenig beleuchtetes und vielfach unerwartetes Bild einer widerständigen Persönlichkeit nahe.

[ Audio VI ] „Karola Bloch – Architektin im Exil“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/xw72AyU0nAE
Aufzeichnung (64 Min.) der Online-Lesung mit dem Titel „Karola Bloch – Architektin im Exil“ am 4. Juli 2023. Die Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ zeichnet den Weg der Architektin, Hitlergegnerin, Stalinkritikerin, Sozialistin, Polin und Jüdin in den dreißiger und vierziger Jahren nach. Die Lesung schildert die Exilzeit in Wien, Paris, Prag und in den USA. In Prag arbeitete Karola Bloch mit der Bauhäuslerin Friedl Dicker zusammen, die davor auch für die Löwensteinsche Pausa in Mössingen tätig war.

[ Audio V ] „Die junge Karola Bloch – Ihr eigener Weg zur neuen Architektur“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/9wt-XhHaR08
Aufzeichnung (59:35 Min.) der Online-Lesung mit dem Titel „Die junge Karola Bloch – Ihr rebellischer Weg zur neuen Architektur“ am 19. April 2023. Die Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ fand anlässlich des 90. Jahrestages der Machtübertragung an Hitler im Jahr 1933 wie vor allem auch anlässlich des 80. Jahrestages des jüdischen Aufstandes im Warschauer Ghetto am 19. April 1943 statt. Karola Blochs Eltern, ihr Bruder, ihre Schwägerin und ihr Neffe waren im Warschauer Ghetto gefangen und wurden im KZ Treblinka ermordet. Für Karola Bloch galt der aussichtslose jüdische Aufstand als außerordentliches Symbol für den Kampf um die Würde des Menschen. Die Lesung zeichnet den Weg Karola Blochs als Jugendliche und junge Frau nach bis zum Abschluss ihrer Berufsausbildung als Architektin. Wie prägten die Folgen der polnischen Teilungen und das Erleben der russischen Revolutionsereignisse 1917 in Moskau das Bewusstsein der damals Zwölfjährigen? Wie entstand ihr Interesse an Kunst? Wie fand sie Kontakt zum Bauhaus? Wie verliefen ihre Hochschulaufenthalte in Wien, Berlin und Zürich? Wie dachte die politische Polin? Wie wollte sie sich gegen Antisemitismus und gegen den erstarkenden Nationalsozialismus wehren?

[ Audio IV ] „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch
Zur Audiodatei: https://youtu.be/18KdzRbfWHY
Aufzeichnung (Audiodatei 60 Min.) der Onlinelesung „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch vom 22. Januar 2023 in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“. Am Sonntag 22. Januar 2023 stellten der Stadtplaner Roland Beer und die Architektin Claudia Lenz zusammen mit dem Talheimer Verlag ihren fast 700-seitigen Doppelband zum Lebensweg und zum Lebenswerk der Architektin Karola Bloch vor. Die Bücher erlauben eine Wiederentdeckung und zugleich eine umfassende Neuentdeckung Karola Blochs als Architektin der Moderne, als Anhängerin des „Neuen Bauens“ und des Bauhauses, als Kritikerin der nationalen Baukultur der DDR. Die einschlägige Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz trägt den Titel: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch. Es lesen Roland Beer und Welf Schröter.

[ Audio III ] Karola Bloch – Aus meinem Leben
Zur Audiodatei: https://youtu.be/3ZlYXFb2E7M
Aufzeichnung als Audio-Datei (66 Min.) der Online-Lesung „Karola Bloch – Aus meinem Leben“ am 2. Dezember 2022 in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Rahmen des Projektes „Dreißig Tage im November – Vom Wert der MenschenRechte“ (2022). Es liest der Mitherausgeber der Schriften Karola Blochs, Welf Schröter. In der Online-Lesung m Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kristalle der Hoffnungen“ wird ein Teil des ungewöhnlichen Lebensweges Karola Blochs als Architektin, Sozialistin, Anhängerin des „Neuen Bauens“, Hitler-Gegnerin, SED-Kritikerin und Jüdin nachgezeichnet.

[ Audio II ] „Ernst und ich identifizierten uns mit der rebellischen Jugend“ (Karola Bloch) – Lesung aus „,Lieber Genosse Bloch …‘ – Briefe von Rudi Dutschke, Gretchen Dutschke-Klotz und Karola Bloch 1968–1979“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/AH75uitjuw8
Die Aufzeichnung als Audio-Datei (62 Min.) der Online-Lesung des Talheimer Verlages zur Brieffreundschaft zwischen Rudi Dutschke, Gretchen Dutschke-Klotz und Karola Bloch. Die Lesung vom 27. April 2022 gehört zur Online-Lese-Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Jahr 2022. Es lesen Irene Scherer und Welf Schröter, beide vom Talheimer Verlag. Dieser Briefwechsel eröffnet den Blick auf eine ganz ungewöhnliche Freundschaft zwischen Personen unterschiedlicher Generationen. Der marxistische Philosoph Ernst Bloch (geboren 1885) und die Polin, Architektin und Sozialistin Karola Bloch (geboren 1905) finden unter anderem über Briefe Kontakt zu dem fast um ein halbes Jahrhundert jüngeren Rebellen Rudi Dutschke (geboren 1940), einem der bekanntesten Köpfe der Studentenbewegung von 1968. In diesem Band wurde der Briefwechsel zwischen Gretchen Dutschke, Rudi Dutschke und Karola Bloch umfassend zusammengefügt.

[ Audio I ] Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden
Zur Audiodatei: https://youtu.be/HUqGoP0iMM4
Aufzeichnung als Audio-Datei (81 Min.) der Lesung des Talheimer Verlages zum Leben von Karola Bloch am 22. Januar 2022 unter dem Titel „Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden – Texte aus dem Leben einer wunderbar frechen, aufmüpfigen und aufrechten Frau“. Die Lesung stellt Teil 1 der Online-Lese-Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Jahr 2022 dar. Es lesen Irene Scherer und Welf Schröter. Am 22. Januar 1905 wurde die Widerstandskämpferin, Friedensaktivistin, Architektin, Anhängerin des Bauhauses, SED-Kritikerin, Unterstützerin von Solidarnosc und Jüdin Karola Bloch in der polnischen Stadt Łodz geboren. In ihrer Autobiografie „Aus meinem Leben“ beschreibt sie die Geschichte ihres Lebens, ihrer Hoffnungen, ihres Traumas und ihrer Tagträume.

Bücher zu Karola Bloch

In Erinnerung an Karola Bloch anlässlich ihres nahenden 30 Todestages im Jahr 2024: Editionen zum Lebensweg und Lebenswerk Karola Blochs – Von ihr und über sie

Karola Bloch, Welf Schröter (Hg.): „Lieber Genosse Bloch …“Briefe von Rudi Dutschke, Gretchen Dutschke-Klotz und Karola Bloch 1968–1979. Mössingen 1988, 176 Seiten, ISBN 978-3-89376-001-5
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&product_id=91&category_id=17

Jürgen C. Strohmaier (Hg.): Utopie und Hoffnung. Beiträge zur Aktualität Ernst Blochs. Mit Beiträgen von Karola Bloch, Eberhard Braun, Hanna Gekle, Dietrich Lange, Oskar Negt, Welf Schröter, Rainer Treptow, Anne Frommann. Mössingen 1989, 176 Seiten, ISBN 978-3-89376-005-3
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&product_id=92&category_id=17

Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden. Reden und Schriften in zwei Bänden. Mit einem Nachwort von Jürgen Teller (1926–1999) und einem Beitrag von Hans Mayer (1907–2001) über Ernst Bloch. Mössingen 1989/90, 340 Seiten, ISBN 978-3-89376-003-9
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&product_id=93&category_id=17

Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): „Ich gehe zu jenen, die mich brauchen“. Zum 85. Geburtstag von Karola Bloch. Mit Beiträgen von Anne Frommann, Inge Jens, Walter Jens, Gretchen Dutschke-Klotz, Jürgen Teller, Jan Robert Bloch, Nina Ranalter, Peter Grohmann, Burghart Schmidt, Wolfram Burisch, Anna Cunico Czajka, Gajo Petrović, Reymondo Tigre Perez, Welf Schröter, Margarita Pastene. Mössingen 1991, 192 Seiten, ISBN 978-3-89376-013-8
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&product_id=96&category_id=17

Dieter Rössner, Annemarie Kuhn, Hans-Dieter Will (Hg.): Das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe. Reflexionen und Berichte aus der Arbeit mit Straffälligen. Vorwort Bundesjustizminister a.D. Klaus Kinkel. Mit Beiträgen von Reinhart Lempp, Karola Bloch, Anne Frommann, Dieter Rössner, Annemarie Kuhn, Hans-Dieter Will, Frank Althoff, Michael Wandrey, Kristian Olav Rosenau, Brigitte Müller-Schaaf. Mössingen 1993, 112 Seiten, ISBN 978-3-89376-024-4
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&category_id=6&product_id=24

Karola Bloch: Aus meinem Leben. Mit einem Nachwort von Anne Frommann, Irene Scherer und Welf Schröter. Mössingen 1995, 324 Seiten, ISBN 978-3-89376-037-4
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&product_id=98&category_id=17

Francesca Vidal (Hg.): Bloch-Jahrbuch 1998/99. Natur – Arbeit – Ästhetik. Anläßlich des fünften Todestages von Karola Bloch. Mit Beiträgen von Karola Bloch, Jan Robert Bloch, Francesca Vidal, Roger Behrens, Gert Roßberg, Welf Schröter, Burghart Schmidt, Anne Frommann, Gérard Raulet, Christoph von Campenhausen, Lucius Burkhardt, Klaus Kufeld. Mössingen 1999, 160 Seiten, ISBN 978-3-89376-086-2
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&category_id=6&product_id=49

Francesca Vidal, Irene Scherer (Hg.): Bloch-Jahrbuch 2005. Ein Leben in aufrechter Haltung. Zum 100. Geburtstag von Karola Bloch. Mit Beiträgen von Maaike Engelen, Anne Frommann, Adam Krzeminski, Klaus Kufeld, Jürgen Moltmann, Irene Scherer, Welf Schröter, Jens-Jürgen Ventzki, Francesca Vidal. Mössingen 2005, 148 Seiten, ISBN 978-3-89376-116-6
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&product_id=66&category_id=6

Jan Robert Bloch, Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): Briefe durch die Mauer. Briefwechsel 1954–1994 zwischen Ernst und Karola Bloch sowie Jürgen und Johanna Teller. Mössingen 2009, 344 Seiten, ISBN 978-3-89376-113-5
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&category_id=6&product_id=44

Irene Scherer, Welf Schröter (Hg.): Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin. Mit Beiträgen von Karola Bloch, Jan Robert Bloch, Frank M. Schuster, Volker Caysa, Thilo Götze Regenbogen, Francesca Vidal, Ingrid Sonntag, Jürgen und Johanna Teller, Anne König, Anne Frommann, Klaus Kufeld, Irene Scherer, Welf Schröter. Mössingen 2010, 392 Seiten, ISBN 978-3-89376-073-2
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&category_id=6&product_id=43

Irene Scherer, Welf Schröter (Hg.): „Etwas, das in die Phantasie greift“. Briefe von Karola Bloch an Siegfried Unseld und an Jürgen Teller. Mit Beiträgen von Karola Bloch, Jürgen Jahn, Gordana Škoric, Claudia Lenz, Irene Scherer, Welf Schröter. Mössingen 2015, 392 Seiten, ISBN 978-3-89376-156-2
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Latenz – Journal für Philosophie und Gesellschaft, Arbeit und Technik, Kunst und Kultur
Der Künstliche Mensch? Menschenbilder im 21. Jahrhundert. Ausgabe 04|2019. Hrsg. von Irene Scherer und Welf Schröter. Mit Beiträgen von Roland Beer, Stefan Behrens, Ulrike Behrens, Johanna Di Blasi, Helmut Fahrenbach, Alexander Kluge, Claudia Lenz, Michael Lenz, Matthias Mayer, Michael Morgner, Heiko Müller, Ingo Müller, Mathias Richter, Irene Scherer, Annette Schlemm, Lothar Schröder, Welf Schröter, Kurt Seifert, Stefan Selke, Barbara Smitmans-Vajda, Bernd Stickelmann, György Széll, Mihály Vajda. Mössingen 2019, 264 Seiten, ISBN 978-3-89376-185-2
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&product_id=190&category_id=28

Roland Beer, Claudia Lenz: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“. Die Architektin Karola Bloch. Mit zahlreichen bislang unbekannten eigenen Beiträgen, grafischen Ausarbeitungen und Fotos sowie Zeichnungen der Architektin aus ihrem Lebensweg und Lebenswerk. Zwei Bände. Mössingen 2022, 696+4 Seiten, ISBN 978-3-89376-187-6
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.product_details&flypage=flypage-ask.tpl&category_id=21&product_id=201

„…und gibt das Hoffen nicht auf“ (Johanna Teller) – Zum Tode der Leipziger Galeristin Johanna Teller – Erinnerungen von Welf Schröter

Im Alter von 89 Jahren starb am 16. August 2023 in Leipzig die Galeristin Johanna Teller. Die Kunstkundige und Kunstvertraute, geboren am 8. Juni 1934, war jahrelang eine, wenn nicht die tragende Säule der „Galerie am Sachsenplatz“ in der Löwenstadt. Zu ihrem Netzwerk gehörten renommierte Kunstschaffende wie Wolfgang Mattheuer, Carlfriedrich Claus und Werner Tübke. Johanna Teller war Kommunikatorin, Organisatorin und antreibender Wille für eine autonome Kultur. Sie war eine außerordentliche Frau, die ein Leben lang gekämpft und gerungen hat. Ihre Liebe zur Kunst gab ihrem Handeln die Richtung.  

Ihre Eigenständigkeit und persönliche Unabhängigkeit zeigen sich in ihrem Beruf und in ihrem Zusammenleben mit ihrem Mann, dem Philosophen Jürgen Teller. Zusammen sind beide Tellers mit ihren Kindern eine innige und starke Kraft. Gemeinsam müssen sie viel erdulden und erleiden. Und doch haben sie ihre Ziele und Perspektiven. Sie stehen mutig für ihre Werte ein. Dies gilt insbesondere in der Zeit der politischen Verfolgung und der Bespitzelung durch den DDR-Staatssicherheitsdienst.

Ermutigungen erhält Johanna Teller nicht nur aus der Galerie-Tätigkeit sondern auch aus der engen Freundschaft mit Ernst und Karola Bloch. Die Nähe und Intensität dieser Freundschaft offenbart sich im Briefwechsel zwischen den Tellers und den Blochs, zwischen Leipzig und Tübingen. In den heimlichen „Briefen durch die Mauer“ aus der DDR in die BRD und umgekehrt schreibt Johanna Teller unter dem Lessingschen Decknamen „Minna von Barnhelm“ schon im Juni 1969 an „Polonia“ (Karola Bloch) ihre Sehnsucht nach mehr Freiheit: „Gewiss fällt einem da manchmal die Decke auf den Kopf, die Welt erscheint nicht nur, sondern  ist auch so beengt – man führe doch gerne mal nach Honolulu oder sonst wohin. […] und gibt das Hoffen nicht auf.“ An anderer Stelle schildert im Februar 1971 „Minna von Barnhelm“ die Phasen der Mutlosigkeit in der DDR: „Manchmal sind wir sehr müde von Pachulkistan.“ Im November 1964 sieht sie die Briefverfassenden bereits als „Abgetrennte und doch so stark Verbundene“. 

In solchen Zeiten helfen die Worte aus den brieflichen Kassibern, wenn sich die Blochs – im Sinne der Solidarität – als „neue Eltern“ gegenüber ihren neuen „Adoptivkindern“ deuten. Diese Verbildlichung vermittelt den dringend benötigten Wärmestrom. Ermutigung wird auch in der Zeit nach 1989 gebraucht. Jürgen Teller sendet im Januar 1993 an Polonia: „Und Jo setzt ihre Lebenskraft mit daran, dass die Leipziger ,Galerie am Sachsenplatz‘ in diesem rigorosen Kapitalismus redivivus überleben kann.“

Die wärmenden Worte der Korrespondenz zwischen Tübingen und Leipzig veranschaulichen im Juli 1984 die Lebenskraft und den Lebensmut der Galeristin. „Polonia“ bringt ein starkes Lächeln nach Leipzig mit ihren Zeilen: „Lieber Jü, liebe Jo, es war mir eine ungewöhnliche Freude[,] Euch wiederzusehen.  Ihr alten, vertrauten Freunde, solche findet man nicht wieder. Unsere Verbindung ist ein Bund fürs Leben, ich fühle mich mit Euch geradezu verwachsen, als ob Ihr ein Stück von mir wäret. Du Jo, hast mich entzückt durch Deine Schönheit und Jugendlichkeit. Du siehst ja aus wie ein[e] 30jährige Frau, nicht wie eine Fünfzigjährige. Hast ein Elexir der Jugend getrunken. Bist auch so fröhlich und vergnügt, alle vergangenen Sorgen sind schadlos an Dir vorbeigegangen. Ich bin so froh für meinen geliebten Jü, dass er so eine wunderbare Lebensgefährtin hat. Und die Liebe scheint zu blühen wie eh und je.“

Die persönlichen Begegnungen mit Johanna Teller in Leipzig finden in den neunziger Jahren und nach der Jahrtausendwende zunächst in der alten und dann in der neuen Wohnung statt. An den Wänden hängen Originale von ihren künstlerischen Freunden. Mitten im Raum steht eine selbstsichere und ruhige Frau.

Doch ihr Leben ohne ihren vertrauten Partner Jürgen Teller, der bereits 1999 gestorben war, verliert in den darauf folgenden Jahren an Richtung. Alte Freunde sind entweder ebenfalls gestorben oder haben sich nach der „Wende“ politisch verwandelt. Sie wollen mit den früheren Lebensgeschichten nichts mehr zu tun haben. Die Bloch-Community präsentiert sich kommunikationsunfähig und blendet „die Leipziger“ aus. Dies gilt auch für mehrere andere Personen, die in DDR-Zeiten zu den Blochs halten.

Sich an Johanna Teller zu erinnern, soll heißen, ihre Arbeit und ihre großen Leistungen wertzuschätzen. An sie zu denken, bedeutet, ihr Leben dauerhaft im Bewusstsein zu halten.

Johanna Teller strahlte Selbstbewusstsein aus, war in Haltung und Worten sehr souverän. So bleibt sie im Gedächtnis. „…und gibt das Hoffen nicht auf“ (Johanna Teller).

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Lesehinweise zu den Briefwechseln zwischen Tellers und Blochs: Jan Robert Bloch, Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): Briefe durch die Mauer. Briefwechsel 1954–1994 zwischen Ernst und Karola Bloch sowie Jürgen und Johanna Teller. 2009, 344 Seiten, ISBN 978-3-89376-113-5. Weiterer Hinweis: Irene Scherer, Welf Schröter (Hg.): „Etwas, das in die Phantasie greift“. Briefe von Karola Bloch an Siegfried Unseld und an Jürgen Teller. 2015, 392 Seiten, ISBN 978-3-89376-156-2.

„… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“
Die Architektin Karola Bloch

Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch

Der erschienene Doppelband „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch lässt Karola Bloch auf neue Weise für sich sprechen. Es ist eine Wiederentdeckung und zugleich an zahlreichen Stellen eine Neuentdeckung. Bislang unbekannte Briefinhalte, unveröffentlichte Beiträge und Texte, Fotos, Einblicke in das Leben einer Frau, die ihr Leben lang kämpfen musste und doch auch mehrmals verzweifelt war, bringen nun den Lesenden ein bislang zu wenig beleuchtetes und vielfach unerwartetes Bild einer widerständigen Persönlichkeit nahe.

Der Stadtplaner Roland Beer und die Architektin Claudia Lenz spüren fachlich neugierig dem beruflichen Werdegang der Architektin, Hitlergegnerin, SED-Kritikerin, Sozialistin, Aktivistin, Anhängerin von Solidarnosc und Charta 77, Jüdin und Polin Dipl.-Ing. Karola Bloch (1905–1994) nach. Sie lassen die leidenschaftliche Anhängerin des Neuen Bauens und der Architekturmoderne auf vielfältige Weise in das Scheinwerferlicht treten. Respektvoll und zugleich kritisch zeichnen sie das Lebenswerk nach, das die schöpferisch arbeitende Frau in der Baukunst insbesondere in ihrer Leipziger Zeit hinterlassen hat.

Diese Würdigung wird ergänzt um knapp dreißig zumeist unveröffentlichte Textbeiträge von Karola Bloch aus ihrer Arbeit als Architektin. Darin sind auch Gebäudepläne und Skizzen enthalten. Als Denkerin in der Welt der Architektinnen und Architekten nahm sie professionell den Standpunkt des Baulich-Sozialen und die Perspektive der Frau ein.

Roland Beer und Claudia Beer folgen in ihrer erzählerischen Darstellung der zeitlichen Struktur, die Karola Bloch für ihre Autobiografie selbst gewählt hatte. In diese Zeitlinie fügen sie ihre umfangreichen Rechercheergebnisse und Erkenntnisse aus Quellenstudien ein. Sie bewegen sich entlang der Spuren der berufstätigen unfreiwilligen Exilantin von Łodz über Moskau nach Berlin, Zürich, Wien, Paris, Prag, New York, Leipzig bis nach Tübingen. Erst in Tübingen beendete Karola Bloch ihre Architekturtätigkeit.

In gut verständlicher Sprache und fachlich präzise verknüpfen der Autor und die Autorin den beruflichen Werdegang, das Ringen um die Positionen des Neuen Bauens und des Bauhauses mit politischem Zeitgeschehen, mit Flucht und Exil, mit Widerstand gegen Hitler, mit ihrer Aktivität in der KPD und mit ihrem antistalinistischen Widerspruch gegen die SED, mit dem Trauma der Shoah und mit ihrer Liebe zu Ernst Bloch.

Ergänzend zum flüssig geschriebenen bebilderten Blick auf die berufliche Emanzipation und das Durchsetzungsvermögen einer mehrsprachigen Fachexpertin des Bauens haben Roland Beer und Claudia Lenz einen jeweils lesefreundlich ans Ende der Kapitel gesetzten Anmerkungsapparat geschaffen, der in zusammen über 1800 Angaben Belege für ihre Aussagen aufzeigt. Im zweiten Band finden die Lesenden neben einer umfangreichen Literaturliste auch ein vielfältiges Personenverzeichnis, das ein Suchen in 696 Seiten sehr erleichtert.

Der Doppelband ist ein Meilenstein der Karola-Bloch-Forschung und zugleich eine respektvoll kritische Wertschätzung der Lebensleistung der Architektin Karola Bloch, frei nach ihrem Motto „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“.

Lesezettel: Roland Beer, Claudia Lenz: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch. Mössingen 2022, 2 Bände, 696 Seiten, Format 22×22 cm, 2330 g, bebildert, Preis 95,00 €, ISBN 978-3-89376-187-6. Direktbestellungen können gesandt werden an: scherer@talheimer.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Von Roland Beer und Claudia Lenz

Rezept
Von Mascha Kaléko

1905–1928 Herkunft und erste Einflüsse

1905–1914 Lódz In der häßlichen Stadt
1914–1918 Moskau Augenzeugin der Revolution
1918–1921 Lódź Ende der Kindheit
1921–1928 Berlin Auf der Suche

1928–1934 Studium

1928–1931 Wien Altvorderliche Studien
1931–1933 Berlin Moderne Ausbildung
1933–1934 Zürich Diplom

1934–1949 Architektin im Exil

1934–1935 Wien Erste Schritte als Architektin
1935–1936 Paris Ein unbezahltes Praktikum
1936–1938 Prag Selbstständige Frauen
1938–1949 USA Hauptverdienerin

1949–1961 In der DDR

1950–1957 Leipzig Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition
1950–1957 Leipzig Architektin der Kindergärten
1949–1961 Leipzig Engagierte Bürgerin

1961–1994 Die kleine Stadt

1961–1994 Tübingen „… nicht berufstätig“

Beiträge von Karola Bloch aus ihrer Arbeit als Architektin

Anlage 1 Deutscher Baukalender
Anlage 2 Wie reorganisiere ich meine Wohnung
Anlage 3 Wie man Warschau aufbaut
Anlage 4 Blick nach Polen
Anlage 5 Warum nicht Barock im Sitzungssaal?
Anlage 6 Warum Barock im Sitzungssaal?
Anlage 7 Neue Typenpläne für unsere Kindertagesstätten
Anlage 8 Schlußfolgerungen zur Diskussion über die neuen Typenpläne
Anlage 9 Diskussionsbeitrag zu Fragen neuer deutscher Architektur
Anlage 10 Referat über die Typenentwicklung von Kinderkrippen
Anlage 11 Der Kindergarten
Anlage 12 Grundrißschemas von Einrichtungen für das Kleinkind
Anlage 13 Kindergärten und Kinderwochenheime
Anlage 14 Das Kinderwochenheim „Zukunft der Nation“ der Leipziger Baumwollspinnerei
Anlage 15 Kindergärten oder Anstalten?
Anlage 16 Aufstellung der durchgeführten Arbeiten in den Monaten April – Juli 1954 von Karola Bloch
Anlage 17 Kritische Analyse des Architekturschaffens in der Deutschen Demokratischen Republik
Anlage 18 Ergänzung zu den Richtlinien für die Projektierung und den Bau von Kinderkrippen und Kindergärten
Anlage 19 Die Frau als Architektin
Anlage 20 „Ich baue gern Kinderheime!“
Anlage 21 Eine Frau baut Kindergärten
Anlage 22 Schluß mit der „Schlagsahne“
Anlage 23 Diskussionsbeitrag, Beiträge zur Industrialisierung der Möbelproduktion
Anlage 24 Möbel im Kreuzverhör
Anlage 25 Über Raumhöhe
Anlage 26 Ein mutiger Architekt
Anlage 27 Leserbrief an „Neues Deutschland“ zu den Ereignissen vom 17. Juni 1953
Anlage 28 Formgestaltung der Küche
Anlage 29 Zeitgemäße Haushaltsgeräte
Anlage 30 Vom Bauen und Zweckmäßige Küche

Nachwort

„Erst mal einen Stein legen, von dem der Sprung gelingt“ (Karola Bloch)
Verlegerische Gedanken zur Würdigung der Lebensleistung von Karola Bloch
Von Irene Scherer und Welf Schröter

Bucheditionen im Talheimer Verlag von und zu Karola Bloch
Reproduktionsnachweise
Quellenverzeichnis
Angaben zum Autor und zur Autorin
Namensverzeichnis

Vorwort von Roland Beer und Claudia Lenz

Karola Bloch war durch und durch Architektin. Auch wenn ihr das Leben immer wieder Steine in den Weg legte, oder sie manchmal andere Prioritäten setzen musste: Architektur war eine große Leidenschaft von ihr. Sie war glücklich, Architektin zu sein. Und doch ist diese Tatsache, oder dass sie ihre Ausbildung als Frau, Jüdin und Sozialistin nur mit starkem Willen gegen die damaligen Umstände beenden konnte, oder dass sie lange Jahre an verschiedenen Orten und auf zwei Kontinenten als Architektin gearbeitet hat, nur in Teilen bekannt. Eine umfassende Darstellung ihres Architektinnenlebens lag bisher nicht vor.

Mit diesem Buch möchten wir eine solche Darstellung wagen. Ausgangspunkt unseres Vorhabens war Karola Blochs Autobiographie „Aus meinem Leben“. Die vielen Textpassagen, die sich direkt oder auch nur am Rande mit ihrer Ausbildung und ihrer Arbeit als Architektin befassen, ergeben zusammen genommen ein aussagekräftiges Bild über ihre Selbstwahrnehmung sowie ihre eigene Verortung in der Architekturszene ihrer Zeit. Doch waren für uns die von ihr erwähnten Namen, Orte und Ereignisse vor allem eine Grundlage für weitere und tiefere Recherchen. Die Suche in Archiven, Bibliotheken und Briefwechseln im In- und Ausland half uns, die Aussagen der Autobiographie an vielen Stellen sehr zu erweitern. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf Karola Blochs Tun in ihrer Leipziger Zeit, wo sie einige Jahre als Mitarbeiterin der Deutschen Bauakademie in Berlin die architektonischen Entwicklungen in der DDR mitgestaltet hat. Nicht nur ein Nebenprodukt war für uns die Untersuchung von Beziehungsgeflechten, Netzwerken und persönlichen Freundschaften. Dabei zeigten sich Entwicklungslinien der Architekturgeschichte, und wie sich die verschiedenen Planerinnen und Planer gegenseitig beeinflusst haben.

Ihr gezwungenermaßen unstetes Leben ermöglichte es Karola Bloch nie, wirklich berufliche Wurzeln zu schlagen oder sich einen Namen zu machen. Immer wenn sie gerade begann, Fuß zu fassen, ging es schon wieder weiter an einen neuen Ort. Mit diesen Ortswechseln gingen oft persönliche Schriftstücke und Fotografien sowie die Unterlagen über ihre architektonischen Arbeiten verloren. Doch war es bei unseren Recherchen immer wieder erstaunlich, wo überall Spuren ihres Wirkens zu finden waren. So konnten wir manche Lücken schließen und ihr Oeuvre aus 27jähriger Tätigkeit als Architektin an vielen Stellen rekonstruieren.

Wir sind selbst planerisch tätige Menschen – Stadtplaner und Architektin. Wir müssen uns in unserem Beruf jeden Tag aufs Neue damit auseinandersetzen, was unser Tun für die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern bedeutet, was guter Raum ist und vieles mehr. Auch Karola Bloch musste sich diesen Fragen stellen und immer wieder ihre Haltung als Architektin hinterfragen und nachjustieren. Aus ihrer Autobiographie und den vielen anderen Quellen lassen sich Wesenszüge und Ansichten herauslesen, von denen sie sich bei ihrem architektonischen Tun leiten ließ. Sie hatte klare ästhetische Vorstellungen und arbeitete immer sehr detailliert an der funktionellen Qualität ihrer Entwürfe. Aber sie behielt dabei immer die Menschen, die die Gebäude nutzen sollten, fest im Blick. Sie arbeitete nie „von oben herab“, sondern setzte sich immer mit den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen auseinander. Ihr war das jeweilige Projekt wichtig, nicht ihre persönliche Eitelkeit.

Karola Bloch war eine außergewöhnliche Frau. Trotz aller Schläge – ihre Flucht vor der Verfolgung im 3. Reich, ihr jahrelanges Exil in Europa und den USA, die Ermordung ihrer Familie durch die Nazis und die schmerzlichen Erfahrungen mit dem real existierenden Sozialismus – machte sie immer weiter und gab nie auf. Ihr Schicksal steht dabei prototypisch für die leidvollen Erfahrungen vieler Menschen im 20. Jahrhundert, gleichzeitig aber auch für den Mut vieler Menschen, gegen Unrecht und Menschenfeindlichkeit aufzustehen. Als politische Frau ist sie bis heute für viele ein Vorbild – für uns ist sie vor allem aber auch eine bemerkenswerte Architektin und wir hoffen sehr, dies mit unserem Buch ins öffentliche Bewusstsein rücken zu können.

Einladung zu Online-Lesungen in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Rahmen von “30 Tage im November – Vom Wert der MenschenRechte”

Die Fähigkeit zu hoffen, stellt eine wesentliche Lebensbedingung des Menschen dar. Das Hoffen spiegelt nicht nur die persönliche und private Sehnsucht. Hoffnungen müssen auch enttäuscht werden, um lernen zu können. Die solcherart „belehrte Hoffnung“ eröffnet den Weg zur Humanisierung des Menschen. Hoffnungen des einzelnen Menschen können Realität werden, wenn sie sich zu gemeinsamen gesellschaftlichen Hoffnungen auf Wandel entwickeln. „Kristalle der Hoffnungen“ sind die Vorboten gesellschaftlicher Hoffnungserfüllungen. Lassen Sie uns solche „Kristalle der Hoffnungen“ in Lesungen und Vorträgen auffinden. Dabei folgen wir den Spuren von Menschen, die ihren Hoffnungen verbunden geblieben sind.

Die Online-Veranstaltungsreihe „Kristalle der Hoffnungen“ als Teil der Reihe „30 Tage im November“ wird getragen von: Redaktion „Latenz“, Redaktion „bloch-akademie-newsletter“, Löwenstein-Forschungsverein e.V., Hans-Mayer-Gesellschaft e.V. und Talheimer Verlag.

Online-Veranstaltungsreihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Rahmen des Projektes „30 Tage im November – Vom Wert der MenschenRechte”. Öffentliche Veranstaltungsreihe vom 27. Oktober bis 04. Dezember 2022. Siehe: https://30tageimnovember.de/

Anmeldung bei schroeter@talheimer.de mit Angabe des Datums der gewünschten Veranstaltung. Wer sich anmeldet, erhält einen Zoom-Link zugesandt. Eintritt frei.

Freitag, den 4. November 2022 von 17.30 Uhr bis 18.45 Uhr
„Widerstand ist nichts als Hoffnung“
Online-Lesung aus dem Buch „Widerstand ist nichts als Hoffnung“. Es lesen Heinrich Bleicher (Vorsitzender der Hans-Mayer-Gesellschaft e.V.) und Welf Schröter (Redaktion bloch-akademie-newsletter). Erinnerungen an den „Dichter der Résistance“ René Char, an den spanischen Schriftsteller, Jorge Semprún, einem Gegner von Hitler und Franco sowie an den DDR-Oppositionellen Jürgen Teller. Länge ca. 50 Minuten plus anschließendes Gespräch.

Lesehinweis: Heidi Beutin, Wolfgang Beutin, Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Michael Walter, Claudia Wörmann-Adam (Hg.): „Widerstand ist nichts als Hoffnung“ Widerständigkeit für Freiheit, Menschenrechte, Humanität und Frieden. 2021, 384 S., ISBN 978-3-89376-190-6.

Freitag, den 11. November 2022 von 17.30 Uhr bis 18.45 Uhr
„Erinnerungskultur stärkt Demokratie“
Online-Lesung aus dem Buch „Erinnerungskultur stärkt Demokratie. Zur Verteidigung der Menschenwürde“. Das Buch wurde Doris Angel und Harold Livingston, den Nachkommen der Familie Löwenstein gewidmet. Irene Scherer (Vorsitzende des Löwenstein-Forschungsvereins e.V.) und Welf Schröter (Redaktion bloch-akademie-newsletter). Länge ca. 45 Minuten plus anschließendes Gespräch.

Lesehinweis: Irene Scherer, Welf Schröter (Hg.): Erinnerungskultur stärkt Demokratie. Zur Verteidigung der Menschenwürde. Gewidmet Doris Angel (Doris Löwenstein) und Harold Livingston (Helmut Löwenstein). 2019, 144 S., ISBN 978-3-89376-183-8.

Freitag, den 18. November 2022 von 17.30 Uhr bis 18.45 Uhr
Zur Bedeutung und Aktualität von Richard Schmid
Online-Vortrag von Hans-Ernst Böttcher, ehem. Landgerichtspräsident in Lübeck, Mitglied im Löwenstein-Forschungsverein. Richard Schmid war ein Freund Fritz Bauers seit den 1920er Jahren und in der bundesdeutschen Nachkriegszeit 1953 bis 1964 ein etwas anderer Oberlandesgerichtspräsident. Der Autor und Vortragende hat 2013 in Mössingen die Bedeutung Richard Schmids für die Rehabilitierung des Mössinger Generalstreiks dargelegt. Länge ca. 50 Minuten plus anschließendes Gespräch.

Lesehinweis: Hans-Ernst Böttcher: Freiheitsgrundrechte und Gleichheitssatz – kein Widerspruch in sich. Oder: Von Richard Schmid als Verfassungsinterpret lernen. In: Latenz – Journal 5|2021. Ist der Liberalismus am Ende? Ausgabe 05|2021. Hrsg. von Irene Scherer und Welf Schröter. 2021, 204 S., ISBN 978-3-89376-191-3. 

Freitag, den 25. November 2022 von 17.30 Uhr bis 18.45 Uhr
„Die Geschichte der Löwenstein’schen Pausa. Zwischen Bauhaus, Mössinger Generalstreik und nationalsozialistischer Zwangsenteignung“
Bebilderter Online-Vortrag des Löwenstein-Forschungsvereins e.V. Mössingen zur Geschichte des Löwenstein’schen Textilunternehmens Pausa, der Bedeutung der rebellischen Bauhausfrauen in der Pausa, der Verbindung zur Stuttgarter Netzwerkerin Lilly Hildebrandt und des Widerstands der Pausa-Belegschaft gegen Hitler am 31. Januar 1933. Mit zahlreichen Bildern. Vortragende sind Irene Scherer (Vorsitzende des Löwenstein-Forschungsvereins e.V.) und Welf Schröter (Redaktion bloch-akademie-newsletter). Länge ca. 60 Minuten plus anschließendes Gespräch.

Lesehinweis: Irene Scherer, Welf Schröter, Klaus Ferstl (Hg.): Artur und Felix Löwenstein. Würdigung der Gründer der Textilfirma Pausa und geschichtliche Zusammenhänge. 2013, 396 Seiten, ISBN 978-3-89376-150-0.

Fünfter Online-Termin am Freitag, den 2. Dezember 2022 von 17.30 Uhr bis 18.45 Uhr
Karola Bloch – Aus meinem Leben
Online-Lesung aus der Autobiografie Karola Blochs über Widerstandsarbeit, Flucht, Exil. Länge ca. 60 Minuten plus anschließendes Gespräch. Es lesen Irene Scherer und Welf Schröter vom Talheimer Verlag. Länge ca. 50 Minuten plus anschließendes Gespräch.

Lesehinweis: Karola Bloch: Aus meinem Leben. 1995, 324 Seiten, kt., ill., 28,00 €
ISBN 978-3-89376-037-4.

Sechster Online-Termin am Freitag, den 9. Dezember 2022 von 17.30 Uhr bis 18.45 Uhr
Hans Mayer – Der unbequeme Aufklärer
Online-Lesung aus dem Buch „Der unbequeme Aufklärer – Gespräche über Hans Mayer“. Eine Lesestunde über den großartigen Literaturwissenschaftler, Gegner des Nationalsozialismus und Kritiker der SED, Freund von Ernst und Karola Bloch sowie Inge Jens. Es lesen Heinrich Bleicher (Herausgeber und Vorsitzender der Hans-Mayer-Gesellschaft e.V.), Irene Scherer und Welf Schröter vom Talheimer Verlag. Länge ca. 60 Minuten plus anschließendes Gespräch.

Lesehinweis: Heinrich Bleicher (Hg.): Der unbequeme Aufklärer. Gespräche über Hans Mayer. zweite überarbeitete Auflage 2022, 296 Seiten, ISBN 978-3-89376-195-1

Einladung zur Präsenzveranstaltung „Oberlandesgerichtspräsident Richard
Schmid (1899 – 1986) – ein Radikaler in öffentlichen Dienst“ am 24. November

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Nachdenken über den Rechtsstaat“ zur Ausstellung „NS-Justiz in Stuttgart“ referiert Hans-Ernst Böttcher, Präsident des Landgerichts Lübeck i. R. über Richard Schmid (1899 – 1986): „Oberlandesgerichtspräsident Richard Schmid (1899 – 1986) – ein Radikaler in öffentlichen Dienst“ am 24. November 2022.

Die Justiz in Westdeutschland bestand nach 1945 fast ausschließlich aus Richtern und Staatsanwälten, die schon vor 1945 im Dienst waren. Eine Ausnahme war Richard Schmid (1899 – 1986). Als Rechtsanwalt in Stuttgart war er während der Nazidiktatur als Verteidiger in Kontakt mit verfolgten Sozialisten und Kommunisten und schließlich selbst Mitglied einer Widerstandsgruppe der illegalen Sozialistische Arbeiterpartei. Er erlitt Konzentrationslager und drei Jahre Zuchthaus. 1945 wird Richard Schmid Generalstaatsanwalt, 1953 kurz Justizminister und schließlich bis 1964 Oberlandesgerichtspräsident in Stuttgart.

Richard Schmid war ein Meister des Wortes, juristisch wie literarisch. Er war bis kurz vor seinem Tod schriftstellerisch und journalistisch aktiv, in der juristischen Presse ebenso wie in allgemeinen Zeitungen und Zeitschriften und im Funk. Wichtige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Grundrechten gehen auf Richard Schmid zurück.

Hans-Ernst Böttcher kannte Richard Schmid seit 1976 noch persönlich gut; er berichtet von Leben und Werk und würdigt dessen bleibende Verdienste. Er zeigt, dass die verfassungsrechtlichen Anregungen Richard Schmids heute mehr denn je Grundlagen für eine demokratiegeleitete Anwendung und Auslegung der Gesetze und für ein klares ‚Nein!‘ gegen jede Form des Auflebens von Alt- und Neonazismus sein können.

Die Ausstellung „NS-Justiz in Stuttgart“ im Landgericht Stuttgart dokumentiert die nationalsozialistische Strafjustiz und die Radikalisierung der Urteilspraxis von 1933 bis 1945. Die Dokumentation beleuchtet u.a. auch die Biografien der Richter und Staatsanwälte des Sondergerichts und der Strafsenate des Oberlandesgerichts, die an Todesstrafen mitwirkten. Die meisten machten ab 1950 wieder Karriere im Justizdienst.

Weitere Informationen zur Ausstellung siehe: www.hdgbw.de/ausstellungen/projekte/

Die Veranstaltungsreihe will Fragestellungen der Ausstellung durch weiterführende Vorträge u. ä. aufgreifen und vertiefen. Dabei sollen nicht nur historische Teilaspekte und der Umgang mit der NS-Vergangenheit der Justiz Thema sein, sondern der Blick soll auch auf aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen des Rechtsstaats gerichtet werden.

Oberlandesgericht Stuttgart, 24. November 2022, 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr, Ort: Oberlandesgericht Stuttgart, Eingang zur Veranstaltung über Archivstraße 15 A, Stuttgart

Zum Tode Michail Gorbatschows: Karola Blochs Einschätzung seiner Politik

Zu den großen Verdiensten von Michail Gorbatschows (geboren am 2. März 1931, gestorben am 30. August 2022) gehörte zweifellos seine politische Zurückhaltung im Herbst 1989, als in Leipzig und in zahlreichen anderen Städten der DDR Zehntausende auf die Straße gingen, um die SED-Diktatur zu beenden und Schritte in Richtung Demokratisierung zu gehen. Gorbatschow verhinderte, dass russische Panzer die Demonstranten niederwalzten. Er wollte 1989 kein neues Berlin 1953, kein Budapest 1956, kein Prag 1968 und keinen Militärputsch wie am 13. Dezember 1981 in Warschau. Doch im Januar 1991 galt diese Sicht nicht mehr. Russische Panzer gingen gegen Demonstrierende in Vilnius vor, um einer Autonomieerklärung der litauischen Gesellschaft zuvorzukommen.

Karola Bloch setzte politische Hoffnungen auf Gorbatschow. Ihre scharfe Kritik an der Politik der KPdSU und der Sowjetunion war allen bekannt, die sie hören wollten. Sie kritisierte die SED-Führung nach den blutigen Ereignissen am 17. Juni 1953 in Berlin. Ihr Herz schlug 1956 für die streikenden polnischen Arbeiter und für die Aufständischen in Budapest. Sie stand auf der Seite des „Prager Frühlings“ 1968 und der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność 1980. Sie protestierte am 13. Dezember 1981 gegen Jaruzelskis Militärputsch in Polen. Ihr Herz schlug für das „Neue Forum“ 1989 in Leipzig.

Gorbatschows Ankündigungen von Glasnost und Perestroika erweckte auch in ihr große Hoffnungen. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Erich Fried schrieb sie im Mai 1988 einen Brief an die Redaktion der Zeitung Isvestija in Moskau. Darin hieß es unter anderem:

„Mehr als drei Jahrzehnte haben wir die Sowjetunion aus der Ferne betrachtet. Das Chruschtschow-Interregnum weckte 1956 unsere Hoffnungen, aber nicht für lange Zeit. Heute steht die Sowjetunion wieder an einem Kreuzweg. Wir haben das, was sich neuerdings dramatisch entfaltet, mit großem Interesse und mit großer Sympathie gesehen. Mehr als je seit den Zwanzigerjahren hat ein Mensch, der in der Sowjetunion an leitender Stelle steht, sowohl Massenunterstützung in seinem eigenen Land gewonnen als auch das Vorstellungsvermögen der übrigen Welt erregt. …“ 

(Karola Bloch: An die Isvestija. In: Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden. Reden und Schriften, Band 1, Mössingen 1989, S. 156)

Am 21. August 1991 – auf den Tag genau dreiundzwanzig Jahre nach dem Einmarsch der Panzer in Prag 1968 – ergriff Karola Bloch auf einer Kundgebung in Tübingen für Michail Gorbatschow das Wort. Sie wandte sich gegen den Staatsstreich des russischen Militärs, mit dem die Perestroika beendet werden sollte. Sie sagte damals unter anderem:

„Mit Trauer und Entsetzen habe ich vom gewaltsamen Sturz Michail Gorbatschows erfahren. Wieder einmal versucht eine Kaste alter Männer aus Armee und Geheimdienst ein gesellschaftliches Experiment mit Panzern niederzuwalzen. Die Bilder von Berlin, Budapest, Prag und Peking sehe ich vor Augen. Der Militärputsch von Moskau widerspricht nicht nur der sowjetischen Verfassung, er ist ein Verbrechen am russischen Volk, an den Völkern der Sowjetunion. Ein Ende der dortigen Reformpolitik wäre eine geschichtliche Tragödie für die ganze Welt. Mein Herz und meine Sympathien sind mit Michail Gorbatschow. …“

(Karola Bloch: Gegen den Staatsstreich. In: Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): „Ich gehe zu jenen, die mich brauchen“. Zum 85. Geburtstag Karola Blochs. Mössingen 1991, S. 189f.)

Einunddreißig Jahre nach dem Staatsstreich gegen Gorbatschow könnte mit dem Putinschen Einmarsch russischer Panzer in die Ukraine ein weiteres Element jener „geschichtlichen Tragödie“ Wirklichkeit geworden sein, vor dem Karola Bloch gewarnt hatte.

 

Verleihung der Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Solidarność-Zentrums in Gdansk an Manfred Mack am 31. August 2022

Vor 42 Jahren am 31. August 1980 wurde in Gdansk auf der Werft der streikenden Arbeiterinnen und Arbeiter die unabhängige Gewerkschaft Solidarność gegründet. Heute am 31. August 2022 erhielt ein Vertreter der damaligen bundesdeutschen Bewegung „Solidarität für Solidarność“ eine besondere Würdigung und Ehrung. Manfred Mack, langjährigem Freund der polnischen Kultur und der unabhängigen polnischen Gesellschaft, wurde in Gdansk die „Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Solidarnosc-Zentrums“ verliehen.

Der Osteuropa-Wissenschaftler Manfred Mack gehörte während seines Studiums an der Universität Tübingen zum Komitee „Solidarität mit Solidarność“. Die Arbeit dieses Komitees wurde auch von der in Polen geborenen Karola Bloch sehr aktiv unterstützt. Karola Bloch trat bei Solidaritätskundgebungen auf und drückte ihre Verbundenheit der polnischen Gewerkschaft aus. Sie lud aus Polen geflohene Gewerkschaftsvertreter zu sich ein. Untergrundschriften des polnischen KOR gelangten über Paris nach Tübingen, wurden ins Deutsche übersetzt und mit einem Vorwort von Karola Bloch verbreitet. In dem Tübinger Komitee, das viele Jahre tätig war, wirkten rund eineinhalb Dutzend junger Frauen und Männer, die aktiv mit den Demokratiebewegungen in Polen, in der CSSR, in Ungarn, in der DDR und in der Sowjetunion sympathisierten. Auch der Herausgeber des „bloch-akademie-newsletters“ gehörte dazu.

Eine Jury unter dem Vorsitz von Lech Walesa verleiht Manfred Mack die Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Solidarność-Zentrums (ECS) im Rahmen der Feierlichkeiten des „Festes der Freiheit“. Diese Auszeichnung wurde bisher an über 700 Personen weltweit verliehen. Die Medaille der Dankbarkeit ist eine ehrenvolle Auszeichnung für Freunde Polens, die sich im Geiste der Solidarność-Ideale für die universellen Menschenrechte eingesetzt haben und einsetzen, sich für die Idee der Solidarität als Grundlage der europäischen Ordnung engagieren, sich für die Verständigung zwischen den Völkern einsetzen und die soziale und moralische Ordnung auf dem Dialog aufbauen. Manfred Mack hat sich seit den 1970er Jahre in vielfältiger Weise für die Opposition in Polen eingesetzt, durch Übersetzungen, Veranstaltungen, aber auch im Rahmen Tübinger Komitees „Solidarität mit Solidarność“ durch konkrete Hilfsmaßnahmen während des Kriegsrechts in Polen.

 

Dankesrede von Manfred Mack bei der Entgegennahme der Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Solidarność-Zentrums in Gdansk

Bei der Entgegennahme der Dankbarkeitsmedaille des Europäischen Solidarność-Zentrums in Gdansk hielt Manfred Mack als Geehrter am 31. August 2022 nachfolgende Rede:

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde, ich bedanke mich sehr herzlich für diese große Ehre. Dieser Dank kommt aus tiefem Herzen, denn eigentlich müsste ich der Solidarność, müsste ich meinen polnischen Freunden dankbar dafür sein, dass ihr mein Leben so unendlich bereichert habt, dass ich so viel mit Euch erleben durfte. Ich kann hier den Slogan der friedlichen Revolution wiederholen: Es begann in Danzig. Auch mein Abenteuer mit Polen begann in Danzig, zu Ostern 1972, als ich im Rahmen eines Schüleraustauschs zum ersten Mal in Polen, zum ersten Mal in Danzig war.

Diese Begegnungen und die daraus entstandenen Freundschaften, hatten großen Einfluss auf meinen weiteren Lebensweg. Deshalb freue ich mich, dass Kasia Rozmarynowska heute hier ist. Durch sie und ihren Mann Marek habe ich bei meinen Besuchen all die wunderbaren Menschen kennenlernen dürfen, Antek Pawlak, Bozena und Maczej Grzywaczewki, Leszek Szaruga und viele andere. Durch sie bekam ich Einblick in das Alltagsleben im Kommunismus, aber auch in die vielfältigen oppositionellen Aktivitäten, sie zeigten mir die Untergrundzeitschriften des zweiten Umlaufs. Sie haben mich mit ihrem Freiheitswillen angesteckt und mir gezeigt, wie viel uns verbindet, mich den Deutschen aus einem kapitalistischen Land und sie die Altersgenossen in einem Land des realen Sozialismus.

Deshalb habe ich mich mit deutschen Freunden seitdem für die Opposition in Polen engagiert, durch das Übersetzen von Texten, durch Veranstaltungen und während des Kriegsrechts auch durch konkrete Unterstützung. Mit unserem Tübinger Komitee „Solidarität mit Solidarność“ haben wir am 13. Dezember 1981 um 11 Uhr die vermutlich erste Protestveranstaltung in Deutschland gegen das Kriegsrecht organisiert mit Karola Bloch als Rednerin.

Wir haben Vertreter des NZS wie Anka Krajewska oder Andrzej Mietkowski, Künstler wie Jacek Kaczmarski, oder Vertreter der Solidarnosc wie Sewek Blumstajn nach Deutschland eingeladen. Wissenschaftlich habe ich mich damals mit der Erforschung der polnischen Untergrundpresse in den 1970 Jahren beschäftigt.

Auch hier durfte ich wunderbare Menschen kennenlernen, Mirek Chojecki, Irena Wojcicka, Henryk Wujec und viele andere, aber auch Prof. Stefan Nowak und Bronislaw Geremek. Ein klein wenig konnte ich auch ganz praktisch helfen, in dem ich Honorare westlicher Verlage für polnische Autoren nach Polen geschmuggelt habe, u.a für Andrzej Drawicz, Antek Pawlak und Marek Nowakowski.

Das führte übrigens dazu, dass der polnische Geheimdienst SB seine Versuche, mich als Mitarbeiter zu gewinnen, eingestellt hat. Ich war nie allein in Polen, jeden Schritt, jeden Besuch hat der Geheimdienst akribisch verfolgt. Nach einer Geldübergabe in Danzig haben sie aufgegeben, den jungen Polenfreund für sich zu gewinnen. Auf meiner IPN-Akte gibt es einen schönen Stempelaufdruck: „Der Vorgang eignet sich nicht für die interne Schulung“.

Aber zurück zu den Aktivitäten meiner Tübinger Freunde, die alle wie ich diese Dankbarkeitsmedaille verdient hätten. Wir haben damals auch die sehr konkrete Polenhilfe organisiert. 30 Millionen Pakete wurden damals aus Deutschland nach Polen geschickt. Nie wieder habe ich in meinem politischen Leben mit Menschen aus so unterschiedlichen Lagern zusammengearbeitet, vom rechten Spektrum der CDU und der Vertriebenenverbände, den Kirchen über Sozialdemokraten, Freidemokraten, Gewerkschaften bis hin zu linken Studentenverbänden. Auch mit vielen unpolitischen Menschen, die eines verband, Polen in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen.

Und als Historiker kann ich beurteilen, dass dies zu einem epochalen Umschwung im Verhältnis zwischen der deutschen und der polnischen Gesellschaft geführt hat. Viele Polen ließen sich nicht mehr durch das Schreckgespenst der deutschen Revanchisten auf die Linie der Partei bringen und viele Deutsche entdeckten Polen als sympathisches, freiheitsliebendes Land.

Sie werden verstehen, dass es mich deshalb schmerzt, wenn ich miterleben muss, wie die aktuelle polnische Regierung – in der Tradition der Gomulka-Kommunisten durch antideutsche Parolen versucht, Wählerstimmen zu bekommen. Mein Engagement für Polen war immer tief verwurzelt in dem Bewusstsein der unendlichen Schuld, die meine Vorfahren gegenüber Polen auf sich geladen haben.

Deshalb habe ich auch die Initiative meines Deutschen Polen-Instituts unterstützt, in Berlin ein Denkmal für die polnischen Opfer der deutschen Okkupation zu errichten und gleichzeitig einen Ort der deutsch-polnischen Begegnung zu schaffen und ich unterstütze auch den Vorschlag des Beauftragten für deutsch-polnische Beziehungen Dietmar Nietan, einen deutsch-polnischen Zukunftsfond zu schaffen, der im umfassender Weise dazu beiträgt, dass sich Deutschland seiner historischen Verantwortung stellt und zugleich Initiativen unterstützt, die dazu beitragen, dass das Sprichwort „Solange die Welt besteht, wird der Pole nicht der Bruder des Deutschen sein‘“ in sein Gegenteil verkehrt wird.

Mein früherer Chef und Meister Karl Dedecius hat mir empfohlen, jede Rede mit einem Gedicht zu beenden. Dieses Gedicht von Antek Pawlak entstand 1982 nach vielen nächtlichen Gesprächen eines jungen Deutschen mit einem jungen Polen über die deutsch-polnischen Beziehungen.

Mein Monolog und
ein verwunderter
Altersgenosse
(für Manfred)

Man hat mir befohlen dich zu hassen
aus deinen Händen kann man
die rote Karte des Blutes lesen
wir wurden als Feinde geboren
das ist natürlich wie der Atem
der aus unseren Mündern kam
bei dem Gespräch an diesem
Winterabend

Man hat mir befohlen dich zu hassen
man gab dafür den einfachsten
und ausreichenden Grund – du bist Deutscher
ich dagegen bin Pole
in meiner Sprache heißt Pole
ein Unschuldiger

(Antoni Pawlak; übersetzt von Manfred Mack)