Authentizität der anderen Privatheit

Die Frage nach der Zukunft des Ich schaffte es auf die Titelseite der WIRED. „Es spricht mehr dafür, dass wir im Netz authentischer sind.“ Mit diesem Satz des Oxforder Philosophen und Informationsethikers Luciano Floridi bricht eine Kontroverse neu auf, die das „virtuelle Ich“ gegen das „biografische Ich“ zu stellen versucht.

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In der WIRED-Ausgabe des Oktober plädiert Google-Berater Floridi für eine Neubewertung des Privaten: „Darum dreht sich ja die Frage nach der Privatsphäre: nicht um Informationen, die wir besitzen, sondern um Informationen, die wir SIND.“ Als Ethiker warnt er davor, eine Kultur zu forcieren, die vortäuscht, man könne im realen Leben auch mit der Löschtaste Geschehenes ungeschehen machen.

WIRED-Journalist Joachim Hentschel spitzt die Position des amerikanischen Philosophen Patrick Stokes zu. Dieser erklärte, es sei das Verdienst der sozialen Online-Netzwerke, dass sie die Differenz der „sozial konstruierten öffentlichen Identität“ und dem „ich, das sich als Subjekt der eigenen Erfahrung wahrnimmt“, erst „anschaulich“ mache. Hentschel fragt lakonisch, ob wir nun Descartes‘ ,Ich denke, also bin ich‘ ersetzen sollen durch ,Ich googelte und fand mich‘.

In dieser etwas ironischen Gegenüberstellung findet sich aber ein wesentlicher Aspekt, nämlich der des Zeitprozesses. Das Erleben des echtzeitig gegoogelten Ich ist ein gegenwärtig-zeitgleiches Wahrnehmen von Daten und Bildern. Im Denken des Menschen vollzieht dagegen sich die Berücksichtigung des Vorzeitigen und des Ungleichzeitigen. Eine Suchmaschine hat kein Bewusstsein. Bewusstlosigkeit versus Bewusstsein. „Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.“ (Ernst Bloch)

 

 

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