Philosophie eines Lokführers

Foto: © Welf Schröter

Selten, aber nicht zu selten, kommt es vor, dass der sich selbst für modern haltende Mensch im rasanten Alltag vor eine geradezu übermenschliche Aufgabe gestellt sieht. Da tritt etwas ein, das Sprachlosigkeit und unendliches Nachdenken auslöst. Bis sich Letzteres in ein humorvolles Lächeln verwandelt.

Wer sich mit dem Zug bewegt, erhält vor jedem Bahnhofshalt einen üblichen freundlichen Ausstiegshinweis, der beinhaltet, dass man entweder „in Fahrtrichtung rechts“ oder „in Fahrtrichtung links“ aussteigen möge. Entsprechend wechseln die Fahrgäste die Türen.

Nun aber erklärte ein Lokführer in seinem Regionalexpress angesichts des nahenden nächsten Halteortes fürsorglich an seine Fahrgäste gewandt: „Bitte nutzen Sie den Ausstieg entgegen der Fahrtrichtung.“ Der Mann war sichtlich seiner Zeit voraus.

Vor den beiden Türen links und rechts machte sich Ratlosigkeit breit. Was wollte der Philosoph an der Spitze des Zuges seinen Mitmenschen dadurch mit auf den Weg geben? Ein erleichterndes Lächeln auf allen Mündern ließ kurz danach das Gefühl einer wechselseitigen Gemeinsamkeit aufblühen. Zuvor standen sich alle nur sprachlos wegblickend fremd gegenüber.

Immerhin: Ein „Ausstieg entgegen der Fahrtrichtung“ hat etwas Verbindendes.

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