Die Rückkehr des letzten Jahrhunderts

Letzte Überlebende des französischen Widerstandes gegen Hitler erinnern in einer elsässischen Stadt 2015 an das Kriegsende 1945. (Foto: © Welf Schröter)

Letzte Überlebende des französischen Widerstandes gegen Hitler erinnern in einer elsässischen Stadt 2015 an das Kriegsende 1945. (Foto: © Welf Schröter)

Ein Vierteljahrhundert nachdem die deutsch-deutsche Mauer durch demokratische Basisbewegungen von der Ostseite her endlich zum Einsturz gebracht wurde, regt sich in der bundesdeutschen Politik der rückwärtsgewandte Geist des Nationalen. Nicht marginale Gruppierungen am rechten Rand der Gesellschaft, nicht antieuropäische Tendenzen in politisch links stehenden Einzelströmungen geben Anlass zu prioritärer Sorge, sondern die Rückkehr des Nationalen in den Köpfen christdemokratischer Spitzenpolitiker inmitten der Bundesregierung provozieren das Gespenst des „hässlichen Deutschen“. Es offenbart sich ein Nationalismus des bürgerlichen Zentrums.

Die antieuropäischen Ausfälle reißen jene Vertrauensarbeiten ein, die zivilgesellschaftliche Akteure aus Deutschland gegenüber den Partnern in Frankreich, Polen, Rußland und Italien – um nur eine Auswahl zu nennen – in den letzten Jahrzehnten mühsam geschaffen haben.

Man muss dem früheren Außenminister Joschka Fischer Recht geben, der in einem scharfen Essay in der Süddeutschen Zeitung die katastrophalen Verfehlungen des Berliner Finanzministeriums angreift, das sich anheischig macht, Außenpolitik monokausal aus der Finanzpolitik abzuleiten. Mit spitzer Feder seziert Fischer:

„Die Frage, welchen Weg das wiedervereinigte Deutschland im 21. Jahrhundert einschlagen wird – hin zu einem europäischen Deutschland oder zu einem deutschen Europa –, ist mitnichten eine Frage von Pathos oder gar der politischen Romantik, sondern die sehr harte, realpolitische, ja historische Grundsatzfrage für alle deutsche Außenpolitik schlechthin.“

Der Grund hierfür liegt für Fischer in einer nüchternen Erkenntnis aus deutscher Geschichte:

„Die ,Macht der Mitte‘ sollte nie wieder zur Gefahr für den Kontinent und für sich selbst werden. (…) Mehr noch: Die wirtschaftliche Stärke der europäischen Zentralmacht sollte, in Verbindung mit der Aussöhnung mit dem alten ,Erbfeind‘ Frankreich, diese in einen gemeinsamen europäischen Markt mit der Perspektive einer dereinst stattfindenden politischen Einigung Europas bringen.“

Bitter fügte Fischer seiner Schrift gegen den Bundesfinanzminister und auf dessen politischen Verhalten am 13. Juli 2015 anspielend hinzu:

„Zum ersten Mal wollte Deutschland nicht mehr Europa, sondern weniger, und das heißt im Klartext: die Verwandlung der Euro-Zone von einem europäischen Projekt quasi in eine deutsche Einflusszone. Man könnte sagen, dies ist die spezifische Form von ,Renationalisierung im europäischen Gewande‘.“

Mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Aufhebung der Blockgrenzen in Zentraleuropa, der Integration der früheren „Warschauer-Pakt-Staaten“ in die Europäische Union und mehr als ein Jahrzehnt nach Einführung des Euro als eine möglichst alle und alles verbindende gemeinsame Währung versucht ein Christdemokrat den Weg der Europäisierung Europas und der Europäisierung Deutschlands zurückzudrehen. Hätte dieser Mann doch vor 1989 in Leipzig, Prag oder Warschau gelebt, er würde heute das kostbare Leitbild Europa mit größter Vorsicht ansprechen. Doch der Mann ohne historisches Gedächtnis will wieder eine tonangebende deutsche Rolle in einem deutschen Europa.

Ein solches Ansinnen ist gefährlich, gefährlich für die europäischen Partnerinnen und Partner sowie auch gefährlich für die hiesige Zivilgesellschaft. Wer hätte gedacht, dass man im Jahr 2015 die Europapolitik des Christdemokraten Helmut Kohl gegen die Anti-Europapolitik des Christdemokraten Wolfgang Schäuble verteidigen muss. Würde sich Schäuble doch an die Mahnungen von Vaclav Havel, Richard von Weizsäcker, Władysław Bartoszewski und Jacques Delors erinnern. Sie erkannten den hohen Wert der politischen Idee von Europa und deren uneingeschränkter Dominanz über Markt und Finanzen.

Der „historische Bruch“ (Fischer) in der deutschen Europapolitik erfolgt im siebzigsten Jahr der von den Alliierten ermöglichten Befreiung vom Nationalsozialismus. Dieser „Bruch“ wäre leichter korrigierbar, wenn er nicht jene Latenz des Nationalen, jene Latenz deutscher Selbstüberhöhung und jene Latenz unabgegoltener Erbschaften berührte und in erneute Bewegtheit versetzte. Es ist den Zivilgesellschaften in Frankeich und in Italien zu danken, dass sie sich dem erneuten Streben nach deutscher Dominanz entgegenstellen.

Schon vor beinahe einhundert Jahren hatte sich Ernst Bloch in seinem Werk „Geist der Utopie“ (1919) der Idee Europas zugewandt. Er warnte vor „den Golems des europäischen Militarismus“ und in einer weitsichtigen Äußerung erkannte er die Gefahr, die dann zum Zweiten Weltkrieg führte. Er schrieb:

„Welches ist denn das Vaterland des wahrhaft ausgebildeten christlichen Europäers? Im Allgemeinen ist es Europa, insbesondere ist es in jedem Zeitalter derjenige Staat in Europa, der auf der Höhe der Kultur steht. Jener Staat, der gefährlich fehlgreift, wird mit der Zeit freilich untergehen, demnach aufhören, auf der Höhe der Kultur zu stehen.“

Die Gedanken der Re-Nationalen heute verhalten sich zur Gegenwart ungleichzeitig. Sie stehen mit dem Rücken zur europäischen Zukunft. Sie verweigern sich dem Noch-Nicht Europas und wenden sich ab vom gemeinsamen zivilgesellschaftlichen, solidarischen und vielfältigen Tagtraum eines ganzen Kontinents.

Rot der Hoffnung

Wer Ernst Blochs Hoffnungsphilosophie verstehen will, sollte sein Lesen mit der ersten Version von „Geist der Utopie“ (1918) beginnen. In jener Kriegszeit zwischen 1915 und 1917 intensivierte sich Blochs Ringen mit der Religion und dem Christentum. Die Kritik der herrschenden Verhältnisse beginne mit der Kritik der Religion.Rotes Fenster2

Blochs Hoffnungsdenken ist diesseitig. Das Versprochene der Religion muss diesseitig werden. So ist die Genesis für Bloch nicht am Anfang der Menschengeschichte, sondern sie bildet dessen erfüllte Zukunft.

Der Kirchenfenstermaler und französische Künstler François Chapuis fasste sein Hoffnungsverständnis in ein geradezu expressionistisches Farbenspiel: Ein Chagall nachempfundenes tiefes Blau will „die Menschheit aus der Hölle holen“, die Hoffnung aber fordert ein belebendes Rot.

Wenn Bloch fordert, Hoffnung muss enttäuscht werden, damit sie als „belehrte Hoffnung“ (docta spes) wirken kann, so bietet Chapuis ein leuchtendes Rot, „im Schmerz geboren, wiederbelebend“.

Bloch und Chapuis  haben sich nicht gekannt. In ihrer Hoffnungssicht jedoch zeigt sich Verwandtes. Während das Christentum den Glaube ins Zentrum rückt, lässt Bloch – und mit ihm Chapuis – die Hoffnung zum wesentlichen Handlungsmotiv werden. Sie ist es, die die Genesis einläuten soll.

Chapuis aber steht dem Denken des französischen Dichters und Dramatikers nahe, der 1914 im begonnenen Weltkrieg starb. Der Sozialist Péguy war es, der in seinem poetischen Gedicht den Christengott zu neuen Einsichten verleiten wollte. Er lässt diesen über Glaube und Liebe spekulieren, um dann den Christengott irritiert innehalten zu lassen: „Was mich wundert, sagt Gott, das ist die Hoffnung. Da komm ich nicht mit. Diese kleine Hoffnung, die nach gar nichts aussieht. (…) Die kleine Hoffnung schreitet einher zwischen ihren zwei großen Schwestern, und man beachtet nicht einmal, dass sie da ist.“

In seinem literarischen Werk „Das Tor zum Geheimnis der Hoffnung“, das erst 1929 posthum erschien, lässt Péguy den Christengott erkennen: „Die Hoffnung sieht, was noch nicht ist, und was sein wird. Sie liebt, was nicht ist, und was sein wird.“ Charles Pierre Péguy, der Zola-Anhänger, starb vor einhundert Jahren in den ersten Wochen des Ersten Weltkrieges am 5. September 1914. Er hat Blochs Philosophie über das „Noch-Nicht“ nicht lesen können.

Ernst Blochs „Vademecum“ (1918/19)

Martin Korol (links) und Jost Hermand 2014 in Berlin (Foto: © Martin Korol)

Martin Korol (links) und Jost Hermand 2014 in Berlin (Foto: © Martin Korol)

Mehr als einhundert Intellektuelle, Schriftstellerinnen und Autoren, Kunstschaffende und Gewerkschafterinnen hatten sich vor kurzem in Berlin unter dem Zitat Albert Einsteins „Das Denken der Zukunft muss Kriege unmöglich machen“ zu einer politischen Debatte zum Thema „Der Krieg in Kunst, Literatur und Wissenschaft“ zusammengefunden. Es galt, die Literatur und Kunst zu befragen, wie sie sich politisch den Kriegen entgegenstellte. Gedanken von Erich Fried, Anita Augspurg, Heinrich Böll, Albert Einstein, Lida Gustava Heymann, Arnold Zweig und Leonhard Frank wurden hörbar. Jost Hermand eröffnete mit seinen reichen literarischen und politischen Kenntnissen den Blick zurück für einen Blick nach vorn.

Dazwischen kamen die Worte Ernst Blochs in Erinnerung, wie er vom Schweizer Exil aus mit seiner Schrift „Vademecum für heutige Demokraten“ den Ersten Weltkrieg analysierte. Bloch hatte diesen Text aus dem Jahr 1918, der im Frühjahr 1919 erstmals veröffentlicht wurde, später nicht in seine Gesamtausgabe im Suhrkamp Verlag aufgenommen. Erst der „Blochianer“ und Hans-Mayer-Schüler Martin Korol gab den Text zum 100. Geburtstag Ernst Blochs 1985 acht Jahre nach dem Tod des Philosophen in „Kampf, nicht Krieg“ heraus.

Blochs „Geh-mit-mir“-Schrift (lat.: vade mecum) ist es wert, sie heute neu zu lesen. Der damals 33-jährige Publizist und Journalist im Exil schrieb mit brennender Leidenschaft sein zentrales frühes Antikriegswerk nieder. In der allgemeinen Bloch-Rezeption und im Schatten von „Geist der Utopie“ ist diese Schrift in der heutigen Bloch-Community kaum präsent. Bei genauerer Betrachtung hatte Ernst Bloch in diesem umfangreichen Zeitungsaufsatz, den er vor Ende des Ersten Weltkrieges begann, wesentliche Vorarbeiten für seine spätere Analyse „Erbschaft dieser Zeit“ (1934) und der Bedeutung der „Ungleichzeitigkeit“ (Bloch) geleistet.

Bloch sezierte im Vademecum die politische Lage in Europa. In unerbittlicher Härte beschrieb er die zentrale Kriegsschuld von Preußen-Deutschland und Österreich. In loyaler und zugleich scharfer Kritik an Marx warnte er vor einer Unterschätzung der Bedeutung des Agrarischen in der deutschen Geschichte bei einem gesellschaftlichen Umbruch. Er wandte sich kühl gegen Lenins Verherrlichung des Proletariats und sagte für die russische Entwicklung einen Rückschlag in einen autoritären Staat voraus.

Vor allem aber sah Ernst Bloch in der Zerschlagung des agrarisch bedingten preußischen Militärstaates die zentrale Bedingung für eine gesellschaftliche Emanzipation in Deutschland und Europa. Sollte dies nicht gelingen, werde der preußische Kriegswahn mit seiner Blut-und-Rasse-Ideologie alsbald wieder auferstehen und ein neues Desaster auslösen. Was Bloch 1918/19 voraussah, kam 1933 zur Macht.

„Wir haben also kein Gefühl für Verbrecher, bloß weil sie erfolgreich waren. Ein Sein, und wenn es Jahrtausende zählt, hat nicht die Kraft, über das Recht zu entscheiden. Es ist Wahnsinn und wird durch den Rekurs auf ,Blut‘ und ,Rasse‘ (gebraucht, als ob Menschen Zuchthengste wären) nicht sittlicher, wenn sich die Niederträchtigkeit von heute durch die Niederträchtigkeit von gestern legitimiert.“ (Ernst Bloch, Vademecum, 1919)

 

Vollzahl der Zeiten

(Foto: Welf Schröter)

Lange vor der Herrschaft der Inkas in Lateinamerika entfaltete sich im Gebiet des heutigen Peru die indianische Hochkultur der Chachapoya. Ihr Totenkult zeichnete sich dadurch aus, dass sie den Schädel ihrer verstorbenen Angehörigen im eigenen komplex in Felswände erbauten steinernen Wohnhaus begruben. Sie waren davon überzeugt, dass die Toten somit weiterhin unter den Lebenden verblieben. Vergangene Zeit sollte gleichzeitig sein und gegenwärtig bleiben.

Der vom Protestantismus geleitete Denker, Kenner vorchristlicher Kulturen und Hitlergegner Eugen Rosenstock-Huessy sah die kommende Gleichzeitigkeit vergangener Menschenzeiten in der Zukunft des diesseitigen und jenseitigen Humanum. Die religiöse Erfüllung des Menschentraumes identifizierte er in einem neuen Zusammenleben, in der Anerkennung des „Du“ des Anderen als Anerkennung des eigenen „Ich“, und in der Hoffnung auf Heimat im christlichen Erlösungsprozess. Wenn die gelebten Leben von Vergangenheit und Gegenwart in der Zukunft zur „Vollzahl der Zeiten“ gelangen, wird Ungleichzeitigkeit gleichzeitig.

„Der Zeiten sind mehrere. Jeder zeitlichen Menschenart kommen ihre Bahnen, Räume, Alter zu. Je vollzähliger wir sie anerkennen, desto weiter greift der Frieden. Friedfertig werden wir, stille in unserem Land und voll der Klänge unserer Stunde, wenn wir das Erbe bewähren, das wir empfangen haben: die Vollzahl der Zeiten.“ So schrieb Rosenstock-Huessy in seinem Hauptwerk „Im Kreuz der Wirklichkeit – Eine nach-goethische Soziologie“ in Band drei mit dem Titel „Die Vollzahl der Zeiten“. „Der vollständige Mensch“ komme „sicher nicht aus den vereinzelten Zeiten, sondern nur aus ihrer Vollzahl.“

Ernst Bloch, der Denker des „Noch-Nicht“ und der Antizipation konkret-utopischer – nicht utopistischer – „Heimat“, war in seinem ersten Hauptwerk „Geist der Utopie“, das 1918 erschien, von tiefer christlicher Religiosität und beginnendem marxistischen Rebellentum geprägt. Er schrieb: „Alles könnte vergehen, aber das Haus der Menschheit muss vollzählig erhalten bleiben und erleuchtet stehen, damit dereinst, wenn draußen der Untergang rast, Gott darin wohnen und uns helfen kann – und solches führt aus der Seelenwanderung heraus auf den Sinn der echten sozialen, historischen und kulturellen Ideologie.“

Fünf Jahre später veröffentlichte Bloch eine überarbeitete Fassung von „Geist der Utopie“. In der Version von 1923 greift er die Idee der „Vollzahl“ erneut auf: „Und vor allem eben, über der uns immer wieder repetierbaren, sinnhafter umspielbaren Geschichte, läßt die Seelenwanderung zugleich alle Subjekte am Ende der Geschichte präsent, bewährt präsent sein, garantiert sie den Begriff der ,Menschheit‘ in seiner dereinst höchst konkret vollzähligen, absoluten Entität.“

Im Begriff der „Vollzahl der Zeiten“ suchten Rosenstock-Huessy wie auch Bloch nach der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Für Bloch liegt dort die „Heimat“. In der Zukunft. Als kommende Genesis.

Beide Denker begannen ihre Werke als Reaktion auf die Schrecken des Ersten Weltkrieges, der vor einhundert Jahren seinen Anfang nahm.

 

Eugen Rosenstock-Huessy: Im Kreuz der Wirklichkeit. Eine nach-goethische Soziologie. Talheimer Ausgabe. Band 1: Übermacht der Räume; Band 2: Vollzahl der Zeiten 1; Band 3: Vollzahl der Zeiten 2. Verbesserte, vollständige und korrigierte Neuausgabe mit Namen- und Sachregister. Herausgegeben von Michael Gormann-Thelen, Ruth Mautner, Lise van der Molen. Mit einem Vorwort von Irene Scherer und einem Nachwort von Michael Gormann-Thelen. 2008/2009, 1.964 Seiten, Ausgabe in drei Bänden.

Projekt 1914 – 2014

Im Jahr 2014 jährt sich zum einhundertsten Mal der Beginn des I. Weltkrieges. Es wird Rückblicke, Geschichtsdarstellungen und politische Bewertungen aus unterschiedlichen Richtungen geben. Was aber haben die Literaten, Intellektuellen, Künstler und Kulturschaffende jener Zeit mit diesem Kriegs“ausbruch“ verbunden? Zu viele ließen sich von nationalistischen Worten betören und griffen nach der Uniform und der Waffe. Ernst Bloch und Hugo Ball aber wetterten gegen den Militarismus. Die Erschütterungen des Krieges ließen künstlerische Reaktionen erwachsen. Nicht nur das Bauhaus und der Expressionismus, Dada und neue Musik entstanden. Ernst Bloch veröffentlichte die erste Version seines Buches „Geist der Utopie“. Der Archäologe der enttäuschten Hoffnungen rang mit Mythos, Religion, Nietzsche und Simmel. – Heute im Vorfeld der Wiederkehr des Jahrestages zeichnet sich eine Lektüre-Renaissance von „Geist der Utopie“ ab. Dazu gehört auch der „Aufschrei“: Auf Vorschlag von Werner Wild bereitet die Ernst-Bloch-Gesellschaft ein besonderes Projekt 1914 -2014 vor unter dem Titel „Der Aufschrei für eine andere, bessere Welt. Sichtweisen auf den neuen Menschen und neue Gemeinschaften als Reaktion auf die Schrecken des I. Weltkrieges“.

„Bloch ist aber da nicht alleine in dem Wieder-Aufgreifen von religiösem und mythologischem Denken, um zu neuen Formen und Inhalten zu kommen, angesichts der geistigen Bankrotterklärungen. Während der Schrecken des I. Weltkrieges, auch schon in seinem Vorfeld gibt es eine intellektuelle, literarische und künstlerische und kunsthandwerkliche Bewegung in diese Richtung, wie etwa Simmel, Rosenstock-Huessy, Mann, Ball, Hausmann, Hesse, Kirchner, Höch, Dix, Werbern, Schönberg, Landauer, um nur einige zu nennen. Expressivität, Mythen und Religion, meistens mit Adaptionen auch aus anderen als der christlichen Weltreligionen. Dies geschieht sowohl inhaltlich als auch formal. So finden wir die völlige Formveränderung der Sprache im zeitweiligen Dadaismus von Hugo Ball, der danach sehr schnell zum eher traditionellen Katholizismus zurückkehrt. Der Maler und Dadaist Raoul Hausmann erklärt aus seiner Sicht – in einer Sprache, die der Bloch’schen nicht unverwandt ist –, um was es geht, bei den neuen Formen: „ […] Gemeinschaft, die Auflösung des Ich, des Einzelnen, in der Wucht der Wahrheit des Wir.“ (Wild)

Projektskizze http://www.ernst-bloch-gesellschaft.de/images/vorschlag%20projekt%201914-2014%20webversion.pdf

(Das Bild zeigt die Skulptur „Endlose Treppe“ von Max Bill, der damit Blochs Werk „Das Prinzip Hoffnung“ interpretierte.)