Zum Beginn des 30. Todesjahres der Architektin Karola Bloch

Lesung und Audioangebote zur Erinnerung an Karola Bloch (1905–1994), Architektin und politisch aktive Frau – Zusammengestellt anlässlich ihres kommenden 30. Todestages im Jahr 2024

Unter dem Titel „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR: Die Architektin der Kindergärten – Das Beispiel des Leipziger Spinnerei-Kindergartens“ findet am 22. Januar 2024 um 18.00 Uhr eine Online-Lesung statt. Es lesen Roland Beer, Irene Scherer und Welf Schröter, unterstützt von Claudia Lenz. Mit diesem Abend wird die öffentliche Folge von Online-Lesungen zur Würdigung des Lebensweges und des Lebenswerkes der Architektin Karola Bloch fortgesetzt. Karola Bloch wurde vor 119 Jahren am 22. Januar geboren. Die Lesungen in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ zeichnen den Weg der Architektin, Hitlergegnerin, Stalinkritikerin, Sozialistin, Polin und Jüdin nach.

Die neue Lesung schildert ihre Leipziger Zeit in den fünfziger Jahren. Im vorigen Teil 1 wurden die Widersprüche und Widerstände zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“ deutlich: Karola Blochs Kritik an der offiziellen SED-Linie der „Nationalen Bautradition“ offenbarte sich in ihrem Ringen um das „Neue Bauen“ und um die künstlerische Erbschaft des Bauhauses. Teil 2 zeigt die Arbeit der Architektin am Beispiel des Leipziger Spinnerei-Kindergartens. Ganz im Sinne der Architekturmoderne hatte Karola Bloch bei ihren Typen-Entwürfen das Ziel, kindgerechte Welten zu planen. Sie wollte die Grundrisse der Einrichtungen zum Wohl der Kinder aber auch zum Wohl des Betreuungspersonals optimieren. Dazu nutzte sie den interdisziplinären Planungsansatz, den sie an der TH Berlin bei Bruno Taut kennengelernt hatte und den sie sehr schätzte.

Karola Bloch hatte in ihrer Exilzeit in den dreißiger Jahren in Prag mit der Designerin Friedl Dicker zusammengearbeitet. Friedl Dicker war vor 1933 in der Löwenstein’schen Pausa beschäftigt. Die Lese-Reihe wird getragen von: Redaktion „Latenz“, Redaktion „bloch-akademie-newsletter“, Löwenstein-Forschungsverein e.V., Hans-Mayer-Gesellschaft e.V. und Talheimer Verlag. Für die Übersendung des Zugangslinks (Zoom) wird um Anmeldung gebeten bei: schroeter@talheimer.de

Anlässlich des nahenden dreißigsten Todestages von Karola Bloch am 31. Juli 2024 wurden nun acht Aufzeichnungen von Online- und Präsenz-Lesungen aus Büchern von sowie über Karola Bloch frei zugänglich bereitgestellt. Darunter finden sich die Aufzeichnungen der Lesung beim Tübinger Bücherfest 2023 sowie der Online-Lesung „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“. Im Zentrum steht vor allem die Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: >> „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch <<. Link zur Audio-Datei-Gesamtübersicht: http://bloch-blog.de/karola-bloch/

Karola Bloch

Audiodateien der Lesungen zum Lebensweg und Lebenswerk der Architektin Karola Bloch (1905–1994) – Zusammengestellt anlässlich ihres 30. Todestages im Jahr 2024

Übersicht über die Aufzeichnungen von Online- und Präsenz-Lesungen aus Büchern von sowie über Karola Bloch. Im Zentrum steht die Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: >> „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch <<. Der neue Doppelband stellt eine Wiederentdeckung und zugleich in hohem Maße eine informationsreiche Neuentdeckung des Lebensweges und des Lebenswerkes der Architektin Karola Bloch (1905–1994) dar. Es lesen Roland Beer, Irene Scherer und Welf Schröter, unterstützt von Claudia Lenz. Die Lesungen waren Teil der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“. Diese Reihe wird getragen von: Redaktion „Latenz“, Redaktion „bloch-akademie-newsletter“, Löwenstein-Forschungsverein e.V., Hans-Mayer-Gesellschaft e.V. und Talheimer Verlag.

Näheres zum bebilderten Doppelband
Hinweise auf Bücher von wie auch über Karola Bloch

[ Audio X ] „… nicht berufstätig.“ – Die Architektin Karola Bloch in Tübingen 1961 – 1994. Zur Audiodatei: https://youtu.be/wT-BokaxV9Q

Aufzeichnung (Audiodatei 103.33 Min.) der Online-Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ am 8. Mai 2024 anlässlich des 30. Todestages von Karola Bloch: >>„… nicht berufstätig.“ – Die Architektin Karola Bloch in Tübingen 1961 – 1994<<. Eine Lesung aus der Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: >> „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch <<. Es lesen Roland Beer, Irene Scherer und Welf Schröter. Die Architektin Karola Bloch lebte von 1961 bis zum ihrem Tod am 31. Juli 1994 in Tübingen. Die Online-Lesung erinnert an das widerständige Leben, der aus einer polnischen jüdischen Familie kommenden Hitlergegnerin und scharfen Kritikerin Stalins. Mit großer Hoffnung auf ein besseres Deutschland kam Karola Bloch nach dem Zweiten Weltkrieg mit Mann und Kind aus ihrem amerikanischen Exil nach Leipzig. Sie verstand ihre berufliche Tätigkeit als Teil der Kultur des „Neuen Bauens“ und lehnte die SED-Linie der „Nationalen Bautradition“ ab. In ihrer Tübinger Zeit unterstützte Karola Bloch die studentische Bewegung in den Jahren 1967/1968 und gründete in Tübingen den „Republikanischen Club“. Sie solidarisierte sich mit dem „Prager Frühling“, mit der Frauenbewegung und der Friedensbewegung, mit Solidarnosc und mit den Sandinistas. Zusammen mit vielen Freundinnen und Freunden gründete sie den „Verein Hilfe zur Selbsthilfe“ für jugendliche Straftäter. Sie engagierte sich für die Frauenhaus-Bewegung und für chilenische Flüchtlinge. Mit Freude hörte sie vom „Neuen Forum“ in Leipzig und von den Montagsdemonstrationen 1989 in der DDR. Vor allem aber litt sie unter dem Bruch in ihrem Berufsleben: Sie war nicht mehr als Architektin tätig.

[ Audio IX ] „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 2): Die Architektin der Kindergärten – Das Beispiel des Leipziger Spinnerei-Kindergartens”
Zur Audiodatei: https://youtu.be/0spj8CDuKOM

Aufzeichnung (Audiodatei 51.37 Min.) der Online-Lesung am 22. Januar 2024 mit dem Titel: „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 2): Die Architektin der Kindergärten – Das Beispiel des Leipziger Spinnerei-Kindergartens“. Eine Lesung aus der Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: >> „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch <<. Es lesen Roland Beer und Welf Schröter. Die Lesungen in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ zeichnen den Weg der Architektin, Hitlergegnerin, Stalinkritikerin, Sozialistin, Polin und Jüdin nach. Die neue Lesung schildert ihre Leipziger Zeit in den fünfziger Jahren. In Teil 1 wurden die Widersprüche und Widerstände zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“ deutlich: Karola Blochs Kritik an der offiziellen SED-Linie der „Nationalen Bautradition“ offenbarte sich in ihrem Ringen um das „Neue Bauen“. Teil 2 zeigt die Arbeit der Architektin am Beispiel des Leipziger Spinnerei-Kindergartens.

[ Audio VIII ] „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/nqEM5Y4ajCw
Aufzeichnung (Audiodatei 75 Min.) der Online-Lesung am 14. Dezember 2023 unter dem Titel: „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“. Mit diesem Abend wird die öffentliche Folge von Online-Lesungen zur Würdigung des Lebensweges und des Lebenswerkes Karola Blochs fortgesetzt. Die Lesungen in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ zeichnen den Weg der Architektin, Hitlergegnerin, Stalinkritikerin, Sozialistin, Polin und Jüdin nach. Die neue Lesung schildert ihre Leipziger Zeit in den fünfziger Jahren. Unter dem Titel „Karola Blochs berufliche und politische Praxis in der DDR (Teil 1): Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition“ werden die Widersprüche und Widerstände deutlich: Karola Blochs Kritik an der offiziellen SED-Linie der „Nationalen Bautradition“ zeigt sich in ihrem Ringen um das „Neue Bauen“.

[ Audio VII ] Tübinger Bücherfest 2023: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch
Zur Audiodatei: https://youtu.be/saAdICM28gs
Aufzeichnung (75 Min.) der Lesung beim „Tübinger Bücherfest 2023“ am 24. September mit Roland Beer, Claudia Lenz, Irene Scherer, Welf Schröter in der Galerie Fingur in Tübingen. Die Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ war Narges Mohammadi, Sepideh Gholian, Niloufar Bayani und Golrokh Iraee gewidmet. Der Doppelband „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch“ lässt diese Frau auf neue Weise für sich sprechen. Es ist eine Wiederentdeckung und zugleich eine Neuentdeckung. Bislang unbekannte Briefinhalte, unveröffentlichte Beiträge und Texte, Fotos, Einblicke in das Leben einer Frau, die ihr Leben lang kämpfen musste, bringen ein zu wenig beleuchtetes und vielfach unerwartetes Bild einer widerständigen Persönlichkeit nahe.

[ Audio VI ] „Karola Bloch – Architektin im Exil“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/xw72AyU0nAE
Aufzeichnung (64 Min.) der Online-Lesung mit dem Titel „Karola Bloch – Architektin im Exil“ am 4. Juli 2023. Die Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ zeichnet den Weg der Architektin, Hitlergegnerin, Stalinkritikerin, Sozialistin, Polin und Jüdin in den dreißiger und vierziger Jahren nach. Die Lesung schildert die Exilzeit in Wien, Paris, Prag und in den USA. In Prag arbeitete Karola Bloch mit der Bauhäuslerin Friedl Dicker zusammen, die davor auch für die Löwensteinsche Pausa in Mössingen tätig war.

[ Audio V ] „Die junge Karola Bloch – Ihr eigener Weg zur neuen Architektur“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/9wt-XhHaR08
Aufzeichnung (59:35 Min.) der Online-Lesung mit dem Titel „Die junge Karola Bloch – Ihr rebellischer Weg zur neuen Architektur“ am 19. April 2023. Die Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ fand anlässlich des 90. Jahrestages der Machtübertragung an Hitler im Jahr 1933 wie vor allem auch anlässlich des 80. Jahrestages des jüdischen Aufstandes im Warschauer Ghetto am 19. April 1943 statt. Karola Blochs Eltern, ihr Bruder, ihre Schwägerin und ihr Neffe waren im Warschauer Ghetto gefangen und wurden im KZ Treblinka ermordet. Für Karola Bloch galt der aussichtslose jüdische Aufstand als außerordentliches Symbol für den Kampf um die Würde des Menschen. Die Lesung zeichnet den Weg Karola Blochs als Jugendliche und junge Frau nach bis zum Abschluss ihrer Berufsausbildung als Architektin. Wie prägten die Folgen der polnischen Teilungen und das Erleben der russischen Revolutionsereignisse 1917 in Moskau das Bewusstsein der damals Zwölfjährigen? Wie entstand ihr Interesse an Kunst? Wie fand sie Kontakt zum Bauhaus? Wie verliefen ihre Hochschulaufenthalte in Wien, Berlin und Zürich? Wie dachte die politische Polin? Wie wollte sie sich gegen Antisemitismus und gegen den erstarkenden Nationalsozialismus wehren?

[ Audio IV ] „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch
Zur Audiodatei: https://youtu.be/18KdzRbfWHY
Aufzeichnung (Audiodatei 60 Min.) der Onlinelesung „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch vom 22. Januar 2023 in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“. Am Sonntag 22. Januar 2023 stellten der Stadtplaner Roland Beer und die Architektin Claudia Lenz zusammen mit dem Talheimer Verlag ihren fast 700-seitigen Doppelband zum Lebensweg und zum Lebenswerk der Architektin Karola Bloch vor. Die Bücher erlauben eine Wiederentdeckung und zugleich eine umfassende Neuentdeckung Karola Blochs als Architektin der Moderne, als Anhängerin des „Neuen Bauens“ und des Bauhauses, als Kritikerin der nationalen Baukultur der DDR. Die einschlägige Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz trägt den Titel: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch. Es lesen Roland Beer und Welf Schröter.

[ Audio III ] Karola Bloch – Aus meinem Leben
Zur Audiodatei: https://youtu.be/3ZlYXFb2E7M
Aufzeichnung als Audio-Datei (66 Min.) der Online-Lesung „Karola Bloch – Aus meinem Leben“ am 2. Dezember 2022 in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Rahmen des Projektes „Dreißig Tage im November – Vom Wert der MenschenRechte“ (2022). Es liest der Mitherausgeber der Schriften Karola Blochs, Welf Schröter. In der Online-Lesung m Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kristalle der Hoffnungen“ wird ein Teil des ungewöhnlichen Lebensweges Karola Blochs als Architektin, Sozialistin, Anhängerin des „Neuen Bauens“, Hitler-Gegnerin, SED-Kritikerin und Jüdin nachgezeichnet.

[ Audio II ] „Ernst und ich identifizierten uns mit der rebellischen Jugend“ (Karola Bloch) – Lesung aus „,Lieber Genosse Bloch …‘ – Briefe von Rudi Dutschke, Gretchen Dutschke-Klotz und Karola Bloch 1968–1979“
Zur Audiodatei: https://youtu.be/AH75uitjuw8
Die Aufzeichnung als Audio-Datei (62 Min.) der Online-Lesung des Talheimer Verlages zur Brieffreundschaft zwischen Rudi Dutschke, Gretchen Dutschke-Klotz und Karola Bloch. Die Lesung vom 27. April 2022 gehört zur Online-Lese-Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Jahr 2022. Es lesen Irene Scherer und Welf Schröter, beide vom Talheimer Verlag. Dieser Briefwechsel eröffnet den Blick auf eine ganz ungewöhnliche Freundschaft zwischen Personen unterschiedlicher Generationen. Der marxistische Philosoph Ernst Bloch (geboren 1885) und die Polin, Architektin und Sozialistin Karola Bloch (geboren 1905) finden unter anderem über Briefe Kontakt zu dem fast um ein halbes Jahrhundert jüngeren Rebellen Rudi Dutschke (geboren 1940), einem der bekanntesten Köpfe der Studentenbewegung von 1968. In diesem Band wurde der Briefwechsel zwischen Gretchen Dutschke, Rudi Dutschke und Karola Bloch umfassend zusammengefügt.

[ Audio I ] Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden
Zur Audiodatei: https://youtu.be/HUqGoP0iMM4
Aufzeichnung als Audio-Datei (81 Min.) der Lesung des Talheimer Verlages zum Leben von Karola Bloch am 22. Januar 2022 unter dem Titel „Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden – Texte aus dem Leben einer wunderbar frechen, aufmüpfigen und aufrechten Frau“. Die Lesung stellt Teil 1 der Online-Lese-Reihe „Kristalle der Hoffnungen“ im Jahr 2022 dar. Es lesen Irene Scherer und Welf Schröter. Am 22. Januar 1905 wurde die Widerstandskämpferin, Friedensaktivistin, Architektin, Anhängerin des Bauhauses, SED-Kritikerin, Unterstützerin von Solidarnosc und Jüdin Karola Bloch in der polnischen Stadt Łodz geboren. In ihrer Autobiografie „Aus meinem Leben“ beschreibt sie die Geschichte ihres Lebens, ihrer Hoffnungen, ihres Traumas und ihrer Tagträume.

„…und gibt das Hoffen nicht auf“ (Johanna Teller) – Zum Tode der Leipziger Galeristin Johanna Teller – Erinnerungen von Welf Schröter

Im Alter von 89 Jahren starb am 16. August 2023 in Leipzig die Galeristin Johanna Teller. Die Kunstkundige und Kunstvertraute, geboren am 8. Juni 1934, war jahrelang eine, wenn nicht die tragende Säule der „Galerie am Sachsenplatz“ in der Löwenstadt. Zu ihrem Netzwerk gehörten renommierte Kunstschaffende wie Wolfgang Mattheuer, Carlfriedrich Claus und Werner Tübke. Johanna Teller war Kommunikatorin, Organisatorin und antreibender Wille für eine autonome Kultur. Sie war eine außerordentliche Frau, die ein Leben lang gekämpft und gerungen hat. Ihre Liebe zur Kunst gab ihrem Handeln die Richtung.  

Ihre Eigenständigkeit und persönliche Unabhängigkeit zeigen sich in ihrem Beruf und in ihrem Zusammenleben mit ihrem Mann, dem Philosophen Jürgen Teller. Zusammen sind beide Tellers mit ihren Kindern eine innige und starke Kraft. Gemeinsam müssen sie viel erdulden und erleiden. Und doch haben sie ihre Ziele und Perspektiven. Sie stehen mutig für ihre Werte ein. Dies gilt insbesondere in der Zeit der politischen Verfolgung und der Bespitzelung durch den DDR-Staatssicherheitsdienst.

Ermutigungen erhält Johanna Teller nicht nur aus der Galerie-Tätigkeit sondern auch aus der engen Freundschaft mit Ernst und Karola Bloch. Die Nähe und Intensität dieser Freundschaft offenbart sich im Briefwechsel zwischen den Tellers und den Blochs, zwischen Leipzig und Tübingen. In den heimlichen „Briefen durch die Mauer“ aus der DDR in die BRD und umgekehrt schreibt Johanna Teller unter dem Lessingschen Decknamen „Minna von Barnhelm“ schon im Juni 1969 an „Polonia“ (Karola Bloch) ihre Sehnsucht nach mehr Freiheit: „Gewiss fällt einem da manchmal die Decke auf den Kopf, die Welt erscheint nicht nur, sondern  ist auch so beengt – man führe doch gerne mal nach Honolulu oder sonst wohin. […] und gibt das Hoffen nicht auf.“ An anderer Stelle schildert im Februar 1971 „Minna von Barnhelm“ die Phasen der Mutlosigkeit in der DDR: „Manchmal sind wir sehr müde von Pachulkistan.“ Im November 1964 sieht sie die Briefverfassenden bereits als „Abgetrennte und doch so stark Verbundene“. 

In solchen Zeiten helfen die Worte aus den brieflichen Kassibern, wenn sich die Blochs – im Sinne der Solidarität – als „neue Eltern“ gegenüber ihren neuen „Adoptivkindern“ deuten. Diese Verbildlichung vermittelt den dringend benötigten Wärmestrom. Ermutigung wird auch in der Zeit nach 1989 gebraucht. Jürgen Teller sendet im Januar 1993 an Polonia: „Und Jo setzt ihre Lebenskraft mit daran, dass die Leipziger ,Galerie am Sachsenplatz‘ in diesem rigorosen Kapitalismus redivivus überleben kann.“

Die wärmenden Worte der Korrespondenz zwischen Tübingen und Leipzig veranschaulichen im Juli 1984 die Lebenskraft und den Lebensmut der Galeristin. „Polonia“ bringt ein starkes Lächeln nach Leipzig mit ihren Zeilen: „Lieber Jü, liebe Jo, es war mir eine ungewöhnliche Freude[,] Euch wiederzusehen.  Ihr alten, vertrauten Freunde, solche findet man nicht wieder. Unsere Verbindung ist ein Bund fürs Leben, ich fühle mich mit Euch geradezu verwachsen, als ob Ihr ein Stück von mir wäret. Du Jo, hast mich entzückt durch Deine Schönheit und Jugendlichkeit. Du siehst ja aus wie ein[e] 30jährige Frau, nicht wie eine Fünfzigjährige. Hast ein Elexir der Jugend getrunken. Bist auch so fröhlich und vergnügt, alle vergangenen Sorgen sind schadlos an Dir vorbeigegangen. Ich bin so froh für meinen geliebten Jü, dass er so eine wunderbare Lebensgefährtin hat. Und die Liebe scheint zu blühen wie eh und je.“

Die persönlichen Begegnungen mit Johanna Teller in Leipzig finden in den neunziger Jahren und nach der Jahrtausendwende zunächst in der alten und dann in der neuen Wohnung statt. An den Wänden hängen Originale von ihren künstlerischen Freunden. Mitten im Raum steht eine selbstsichere und ruhige Frau.

Doch ihr Leben ohne ihren vertrauten Partner Jürgen Teller, der bereits 1999 gestorben war, verliert in den darauf folgenden Jahren an Richtung. Alte Freunde sind entweder ebenfalls gestorben oder haben sich nach der „Wende“ politisch verwandelt. Sie wollen mit den früheren Lebensgeschichten nichts mehr zu tun haben. Die Bloch-Community präsentiert sich kommunikationsunfähig und blendet „die Leipziger“ aus. Dies gilt auch für mehrere andere Personen, die in DDR-Zeiten zu den Blochs halten.

Sich an Johanna Teller zu erinnern, soll heißen, ihre Arbeit und ihre großen Leistungen wertzuschätzen. An sie zu denken, bedeutet, ihr Leben dauerhaft im Bewusstsein zu halten.

Johanna Teller strahlte Selbstbewusstsein aus, war in Haltung und Worten sehr souverän. So bleibt sie im Gedächtnis. „…und gibt das Hoffen nicht auf“ (Johanna Teller).

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Lesehinweise zu den Briefwechseln zwischen Tellers und Blochs: Jan Robert Bloch, Anne Frommann, Welf Schröter (Hg.): Briefe durch die Mauer. Briefwechsel 1954–1994 zwischen Ernst und Karola Bloch sowie Jürgen und Johanna Teller. 2009, 344 Seiten, ISBN 978-3-89376-113-5. Weiterer Hinweis: Irene Scherer, Welf Schröter (Hg.): „Etwas, das in die Phantasie greift“. Briefe von Karola Bloch an Siegfried Unseld und an Jürgen Teller. 2015, 392 Seiten, ISBN 978-3-89376-156-2.

„… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“
Die Architektin Karola Bloch

Neuerscheinung von Roland Beer und Claudia Lenz: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch

Der erschienene Doppelband „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch lässt Karola Bloch auf neue Weise für sich sprechen. Es ist eine Wiederentdeckung und zugleich an zahlreichen Stellen eine Neuentdeckung. Bislang unbekannte Briefinhalte, unveröffentlichte Beiträge und Texte, Fotos, Einblicke in das Leben einer Frau, die ihr Leben lang kämpfen musste und doch auch mehrmals verzweifelt war, bringen nun den Lesenden ein bislang zu wenig beleuchtetes und vielfach unerwartetes Bild einer widerständigen Persönlichkeit nahe.

Der Stadtplaner Roland Beer und die Architektin Claudia Lenz spüren fachlich neugierig dem beruflichen Werdegang der Architektin, Hitlergegnerin, SED-Kritikerin, Sozialistin, Aktivistin, Anhängerin von Solidarnosc und Charta 77, Jüdin und Polin Dipl.-Ing. Karola Bloch (1905–1994) nach. Sie lassen die leidenschaftliche Anhängerin des Neuen Bauens und der Architekturmoderne auf vielfältige Weise in das Scheinwerferlicht treten. Respektvoll und zugleich kritisch zeichnen sie das Lebenswerk nach, das die schöpferisch arbeitende Frau in der Baukunst insbesondere in ihrer Leipziger Zeit hinterlassen hat.

Diese Würdigung wird ergänzt um knapp dreißig zumeist unveröffentlichte Textbeiträge von Karola Bloch aus ihrer Arbeit als Architektin. Darin sind auch Gebäudepläne und Skizzen enthalten. Als Denkerin in der Welt der Architektinnen und Architekten nahm sie professionell den Standpunkt des Baulich-Sozialen und die Perspektive der Frau ein.

Roland Beer und Claudia Beer folgen in ihrer erzählerischen Darstellung der zeitlichen Struktur, die Karola Bloch für ihre Autobiografie selbst gewählt hatte. In diese Zeitlinie fügen sie ihre umfangreichen Rechercheergebnisse und Erkenntnisse aus Quellenstudien ein. Sie bewegen sich entlang der Spuren der berufstätigen unfreiwilligen Exilantin von Łodz über Moskau nach Berlin, Zürich, Wien, Paris, Prag, New York, Leipzig bis nach Tübingen. Erst in Tübingen beendete Karola Bloch ihre Architekturtätigkeit.

In gut verständlicher Sprache und fachlich präzise verknüpfen der Autor und die Autorin den beruflichen Werdegang, das Ringen um die Positionen des Neuen Bauens und des Bauhauses mit politischem Zeitgeschehen, mit Flucht und Exil, mit Widerstand gegen Hitler, mit ihrer Aktivität in der KPD und mit ihrem antistalinistischen Widerspruch gegen die SED, mit dem Trauma der Shoah und mit ihrer Liebe zu Ernst Bloch.

Ergänzend zum flüssig geschriebenen bebilderten Blick auf die berufliche Emanzipation und das Durchsetzungsvermögen einer mehrsprachigen Fachexpertin des Bauens haben Roland Beer und Claudia Lenz einen jeweils lesefreundlich ans Ende der Kapitel gesetzten Anmerkungsapparat geschaffen, der in zusammen über 1800 Angaben Belege für ihre Aussagen aufzeigt. Im zweiten Band finden die Lesenden neben einer umfangreichen Literaturliste auch ein vielfältiges Personenverzeichnis, das ein Suchen in 696 Seiten sehr erleichtert.

Der Doppelband ist ein Meilenstein der Karola-Bloch-Forschung und zugleich eine respektvoll kritische Wertschätzung der Lebensleistung der Architektin Karola Bloch, frei nach ihrem Motto „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“.

Lesezettel: Roland Beer, Claudia Lenz: „… denn ohne Arbeit kann man nicht leben“ – Die Architektin Karola Bloch. Mössingen 2022, 2 Bände, 696 Seiten, Format 22×22 cm, 2330 g, bebildert, Preis 95,00 €, ISBN 978-3-89376-187-6. Direktbestellungen können gesandt werden an: scherer@talheimer.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Von Roland Beer und Claudia Lenz

Rezept
Von Mascha Kaléko

1905–1928 Herkunft und erste Einflüsse

1905–1914 Lódz In der häßlichen Stadt
1914–1918 Moskau Augenzeugin der Revolution
1918–1921 Lódź Ende der Kindheit
1921–1928 Berlin Auf der Suche

1928–1934 Studium

1928–1931 Wien Altvorderliche Studien
1931–1933 Berlin Moderne Ausbildung
1933–1934 Zürich Diplom

1934–1949 Architektin im Exil

1934–1935 Wien Erste Schritte als Architektin
1935–1936 Paris Ein unbezahltes Praktikum
1936–1938 Prag Selbstständige Frauen
1938–1949 USA Hauptverdienerin

1949–1961 In der DDR

1950–1957 Leipzig Zwischen Neuem Bauen und Nationaler Bautradition
1950–1957 Leipzig Architektin der Kindergärten
1949–1961 Leipzig Engagierte Bürgerin

1961–1994 Die kleine Stadt

1961–1994 Tübingen „… nicht berufstätig“

Beiträge von Karola Bloch aus ihrer Arbeit als Architektin

Anlage 1 Deutscher Baukalender
Anlage 2 Wie reorganisiere ich meine Wohnung
Anlage 3 Wie man Warschau aufbaut
Anlage 4 Blick nach Polen
Anlage 5 Warum nicht Barock im Sitzungssaal?
Anlage 6 Warum Barock im Sitzungssaal?
Anlage 7 Neue Typenpläne für unsere Kindertagesstätten
Anlage 8 Schlußfolgerungen zur Diskussion über die neuen Typenpläne
Anlage 9 Diskussionsbeitrag zu Fragen neuer deutscher Architektur
Anlage 10 Referat über die Typenentwicklung von Kinderkrippen
Anlage 11 Der Kindergarten
Anlage 12 Grundrißschemas von Einrichtungen für das Kleinkind
Anlage 13 Kindergärten und Kinderwochenheime
Anlage 14 Das Kinderwochenheim „Zukunft der Nation“ der Leipziger Baumwollspinnerei
Anlage 15 Kindergärten oder Anstalten?
Anlage 16 Aufstellung der durchgeführten Arbeiten in den Monaten April – Juli 1954 von Karola Bloch
Anlage 17 Kritische Analyse des Architekturschaffens in der Deutschen Demokratischen Republik
Anlage 18 Ergänzung zu den Richtlinien für die Projektierung und den Bau von Kinderkrippen und Kindergärten
Anlage 19 Die Frau als Architektin
Anlage 20 „Ich baue gern Kinderheime!“
Anlage 21 Eine Frau baut Kindergärten
Anlage 22 Schluß mit der „Schlagsahne“
Anlage 23 Diskussionsbeitrag, Beiträge zur Industrialisierung der Möbelproduktion
Anlage 24 Möbel im Kreuzverhör
Anlage 25 Über Raumhöhe
Anlage 26 Ein mutiger Architekt
Anlage 27 Leserbrief an „Neues Deutschland“ zu den Ereignissen vom 17. Juni 1953
Anlage 28 Formgestaltung der Küche
Anlage 29 Zeitgemäße Haushaltsgeräte
Anlage 30 Vom Bauen und Zweckmäßige Küche

Nachwort

„Erst mal einen Stein legen, von dem der Sprung gelingt“ (Karola Bloch)
Verlegerische Gedanken zur Würdigung der Lebensleistung von Karola Bloch
Von Irene Scherer und Welf Schröter

Bucheditionen im Talheimer Verlag von und zu Karola Bloch
Reproduktionsnachweise
Quellenverzeichnis
Angaben zum Autor und zur Autorin
Namensverzeichnis

Vorwort von Roland Beer und Claudia Lenz

Karola Bloch war durch und durch Architektin. Auch wenn ihr das Leben immer wieder Steine in den Weg legte, oder sie manchmal andere Prioritäten setzen musste: Architektur war eine große Leidenschaft von ihr. Sie war glücklich, Architektin zu sein. Und doch ist diese Tatsache, oder dass sie ihre Ausbildung als Frau, Jüdin und Sozialistin nur mit starkem Willen gegen die damaligen Umstände beenden konnte, oder dass sie lange Jahre an verschiedenen Orten und auf zwei Kontinenten als Architektin gearbeitet hat, nur in Teilen bekannt. Eine umfassende Darstellung ihres Architektinnenlebens lag bisher nicht vor.

Mit diesem Buch möchten wir eine solche Darstellung wagen. Ausgangspunkt unseres Vorhabens war Karola Blochs Autobiographie „Aus meinem Leben“. Die vielen Textpassagen, die sich direkt oder auch nur am Rande mit ihrer Ausbildung und ihrer Arbeit als Architektin befassen, ergeben zusammen genommen ein aussagekräftiges Bild über ihre Selbstwahrnehmung sowie ihre eigene Verortung in der Architekturszene ihrer Zeit. Doch waren für uns die von ihr erwähnten Namen, Orte und Ereignisse vor allem eine Grundlage für weitere und tiefere Recherchen. Die Suche in Archiven, Bibliotheken und Briefwechseln im In- und Ausland half uns, die Aussagen der Autobiographie an vielen Stellen sehr zu erweitern. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf Karola Blochs Tun in ihrer Leipziger Zeit, wo sie einige Jahre als Mitarbeiterin der Deutschen Bauakademie in Berlin die architektonischen Entwicklungen in der DDR mitgestaltet hat. Nicht nur ein Nebenprodukt war für uns die Untersuchung von Beziehungsgeflechten, Netzwerken und persönlichen Freundschaften. Dabei zeigten sich Entwicklungslinien der Architekturgeschichte, und wie sich die verschiedenen Planerinnen und Planer gegenseitig beeinflusst haben.

Ihr gezwungenermaßen unstetes Leben ermöglichte es Karola Bloch nie, wirklich berufliche Wurzeln zu schlagen oder sich einen Namen zu machen. Immer wenn sie gerade begann, Fuß zu fassen, ging es schon wieder weiter an einen neuen Ort. Mit diesen Ortswechseln gingen oft persönliche Schriftstücke und Fotografien sowie die Unterlagen über ihre architektonischen Arbeiten verloren. Doch war es bei unseren Recherchen immer wieder erstaunlich, wo überall Spuren ihres Wirkens zu finden waren. So konnten wir manche Lücken schließen und ihr Oeuvre aus 27jähriger Tätigkeit als Architektin an vielen Stellen rekonstruieren.

Wir sind selbst planerisch tätige Menschen – Stadtplaner und Architektin. Wir müssen uns in unserem Beruf jeden Tag aufs Neue damit auseinandersetzen, was unser Tun für die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern bedeutet, was guter Raum ist und vieles mehr. Auch Karola Bloch musste sich diesen Fragen stellen und immer wieder ihre Haltung als Architektin hinterfragen und nachjustieren. Aus ihrer Autobiographie und den vielen anderen Quellen lassen sich Wesenszüge und Ansichten herauslesen, von denen sie sich bei ihrem architektonischen Tun leiten ließ. Sie hatte klare ästhetische Vorstellungen und arbeitete immer sehr detailliert an der funktionellen Qualität ihrer Entwürfe. Aber sie behielt dabei immer die Menschen, die die Gebäude nutzen sollten, fest im Blick. Sie arbeitete nie „von oben herab“, sondern setzte sich immer mit den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen auseinander. Ihr war das jeweilige Projekt wichtig, nicht ihre persönliche Eitelkeit.

Karola Bloch war eine außergewöhnliche Frau. Trotz aller Schläge – ihre Flucht vor der Verfolgung im 3. Reich, ihr jahrelanges Exil in Europa und den USA, die Ermordung ihrer Familie durch die Nazis und die schmerzlichen Erfahrungen mit dem real existierenden Sozialismus – machte sie immer weiter und gab nie auf. Ihr Schicksal steht dabei prototypisch für die leidvollen Erfahrungen vieler Menschen im 20. Jahrhundert, gleichzeitig aber auch für den Mut vieler Menschen, gegen Unrecht und Menschenfeindlichkeit aufzustehen. Als politische Frau ist sie bis heute für viele ein Vorbild – für uns ist sie vor allem aber auch eine bemerkenswerte Architektin und wir hoffen sehr, dies mit unserem Buch ins öffentliche Bewusstsein rücken zu können.

Kristalle der Hoffnungen

Einladung zu fünf Online-Lesungen

Veranstaltet von der Buchzeitschrift „Latenz“ (Mössingen) und der Redaktion des „bloch-akademie-newsletters“ (Mössingen) – unterstützt von der Hans-Mayer-Gesellschaft e.V. (Köln), von der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V. (Leipzig), vom Projekt „Frauen machen Geschichte. Leipziger Frauenporträts online“ (Leipzig), von zeitraumort.de (Leipzig) und vom Talheimer Verlag (Mössingen)

Die Fähigkeit zu hoffen, stellt eine wesentliche Lebensbedingung des Menschen dar. Das Hoffen spiegelt nicht nur die persönliche und private Sehnsucht. Hoffnungen müssen auch enttäuscht werden, um lernen zu können. Die solcherart „belehrte Hoffnung“ eröffnet den Weg zur Humanisierung des Menschen. Hoffnungen des einzelnen Menschen können Realität werden, wenn sie sich zu gemeinsamen gesellschaftlichen Hoffnungen auf Wandel entwickeln. „Kristalle der Hoffnungen“ sind die Vorboten gesellschaftlicher Hoffnungserfüllungen. Lassen Sie uns solche „Kristalle der Hoffnungen“ in Lesungen auffinden. Dabei folgen wir den Spuren von Menschen, die ihren Hoffnungen verbunden geblieben sind. – Es sind Lesungen im Online-Format, die die Beteiligten in der Pandemie schützen und sie zugleich näher zusammen rücken lassen. Seien Sie willkommen! Bitte melden Sie sich vorab an! Eintritt frei. Nach der Anmeldung wird der Zugangslink zugesandt. Eine zusehend-zuhörende Teilnahme per Internet ist auch ohne eigene Webkamera und ohne eigenes Mikrofon möglich. Um Anmeldung mit Angabe des Termins wird gebeten bei: schroeter@talheimer.de

Erste Online-Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“
Samstag 22. Januar 2022 von 17.00 Uhr bis 18.30 Uhr

Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden
Texte aus dem Leben einer wunderbar frechen, aufmüpfigen und aufrechten Frau
Es lesen Irene Scherer und Welf Schröter

Am 22. Januar 1905 wurde die Widerstandskämpferin, Friedensaktivistin, Architektin, Anhängerin des Bauhauses, SED-Kritikerin, Unterstützerin von Solidarnosc und Jüdin Karola Bloch in der polnischen Stadt Lodz geboren. In ihrer Autobiografie „Aus meinem Leben“ (ISBN 978-3-89376-037-4) beschreibt sie die Geschichte ihres Lebens, ihrer Hoffnungen, ihres Traumas und ihrer Tagträume. Ihre Tübinger Zeit nach 1961 wird in dem Doppelband „Karola Bloch – Die Sehnsucht des Menschen, ein wirklicher Mensch zu werden“ (ISBN 978-3-89376-003-9) erlebbar. Das Buch „Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin“ (ISBN 978-3-89376-073-2) zeichnet ihren beruflichen Weg nach. Karola Bloch starb am 31. Juli 1994 in Tübingen. – Irene Scherer und Welf Schröter, die beide Karola Bloch gut gekannt haben, lesen aus Texten, Schriften und Briefen. Siehe dazu auch das Porträt Karola Blochs im Leipziger Online-Portal „Frauen machen Geschichte. Leipziger Frauenporträts“.

Zweite Online-Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“
Freitag 11. Februar 2022 von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr

In Erinnerung an Inge Jens
„Es gibt wenige Menschen, denen ich so viel verdanke“ – Inge Jens über Hans Mayer
Es lesen Irene Scherer und Welf Schröter. Mit einer Einführung von Heinrich Bleicher, Vorsitzender der Hans-Mayer-Gesellschaft

Inge Jens, Ehrenmitglied der Hans-Mayer-Gesellschaft, hatte in den letzten zwei Jahren an dem Entstehen einer biografisch-politischen sowie literarisch-fachlichen Annäherung an Hans Mayer mitgewirkt. In einem ausführlichen Interview schildert sie ihre Sicht auf diesen brillanten Literaten: „Die Rolle, die Literatur für ein Leben spielen kann, spiegelte sich bei Hans Mayer in seiner Existenz schon sehr deutlich und er vermittelte dies weiter. Er zeigte, dass das nicht ein Privileg nur für ihn war, sondern dass man sich um dieses Privileg bemühen kann.“ Inge Jens hatte noch den von Heinrich Bleicher für die „Hans-Mayer-Gesellschaft“ herausgegebenen Band „Der unbequeme Aufklärer – Gespräche über Hans Mayer“ (ISBN 978-3-89376-195-1) erhalten. In dem Buch äußern sich Freunde und Schüler von Hans Mayer über den in Tübingen im Jahr 2001 gestorbenen Literaturwissenschaftler und Autor. Heinrich Bleicher hat den Band Inge Jens gewidmet. Am 11. Februar 2022 wäre Inge Jens 95 Jahre alt geworden.

Dritte Online-Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“
Samstag 19. März 2022 von 17.00 Uhr bis 18.30 Uhr

„Sonst ist es fein still auf dem schneebedeckten Brachland Pachulkistans“ (Jürgen Teller)
Aus dem deutsch-deutschen Briefwechsel von Johanna & Jürgen Teller (Leipzig) mit Ernst & Karola Bloch (Tübingen) – Karola Blochs Solidarität mit den Leipziger Montagsdemonstrationen
Am Geburtstag von Hans Mayer lesen Irene Scherer und Welf Schröter

Autorinnen und Autoren aus dem Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) sowie Schreibende aus der Bildungsarbeit haben sich in Sprache und Schrift dem Thema „Widerstand“ genähert. Wie wurde Widerstand in der Literatur dargestellt? Wann ist Widerstand notwendig und legitim? Wie zeigte sich Widerstand gegen den Nationalsozialismus? Was bedeutet Widerstand heute? – Der Band „,Widerstand ist nichts als Hoffnung‘ – Widerständigkeit für Freiheit, Menschenrechte, Humanität und Frieden“ (ISBN 978-3-89376-190-6) gibt in Beispielen Antworten auf diese Fragen. Einer der Beiträge beschreibt Karola Blochs Solidarität mit den Leipziger Montagsdemonstrationen und mit Jürgen Teller (dem ehemaligen Assistenten Ernst Blochs in Leipzig Mitte der fünfziger Jahre). In seinem Aufsatz analysiert Welf Schröter Karola Blochs scharfe Kritik am SED-Regime und ihre Loyalität gegenüber Jürgen Teller, der von der DDR-Staatssicherheit drangsaliert wurde.

In dem von Jan Robert Bloch, Anne Frommann und Welf Schröter herausgegebenen Band „Briefe durch die Mauer“ (ISBN 978-3-89376-113-5) wird In über 200 heimlichen Briefen die Freundschaft zwischen Blochs und Tellers zum Leben erweckt. Ein Nachtrag dazu zeigt der Band „,Etwas, das in die Phantasie greift‘ – Briefe von Karola Bloch an Siegfried Unseld und an Jürgen Teller“ (ISBN 978-3-89376-156-2).

Vierte Online-Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“
Mittwoch 27. April 2022 von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr

„Ernst und ich identifizierten uns mit der rebellischen Jugend“ (Karola Bloch)
Irene Scherer und Welf Schröter lesen aus „,Lieber Genosse Bloch …‘ – Briefe von Rudi Dutschke, Gretchen Dutschke-Klotz und Karola Bloch 1968–1979“

Dieser Briefwechsel eröffnet den Blick auf eine ganz ungewöhnliche Freundschaft zwischen Personen unterschiedlicher Generationen. Der marxistische Philosoph Ernst Bloch (geboren 1885) und die Polin, Architektin und Sozialistin Karola Bloch (geboren 1905) finden unter anderem über Briefe Kontakt zu dem fast um ein halbes Jahrhundert jüngeren Rebellen Rudi Dutschke, einem der bekanntesten Köpfe der Studentenbewegung von 1968. Die Briefe geben Zugang zu Denken und Handeln, zur Haltung und Moral jener Menschen, die sowohl den Krieg der USA in Vietnam wie auch den Einmarsch der Sowjetunion in Prag scharf kritisierten, die ihre Hoffnungen in die demokratischen Befreiungsbewegungen der „Dritten Welt“ setzten und sich vom militärischen Abenteurertum einer „Roten Armee Fraktion“ abgrenzten.

In diesem Band (ISBN 978-3-89376-001-5) wurden der Briefwechsel zwischen Gretchen Dutschke, Rudi Dutschke und Karola Bloch umfassend zusammengefügt.

Fünfte Online-Lesung in der Reihe „Kristalle der Hoffnungen“
Dienstag 24. Mai 2022 von 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr

Menschlichkeit als Methode – In Erinnerung an Anne Frommann
Irene Scherer und Welf Schröter lesen aus Anne Frommanns Werken

Die aus Zittau stammende Pädagogin hatte „ihr Buch“ selbst zusammengestellt: „Menschlichkeit als Methode“ versammelt sozialpädagogische und biografische Texte aus vierzig Jahren beruflicher Praxis und fachlicher Arbeit. Der Durchgang durch den Band beginnt biografisch und endet teilnehmend. Ausgehend von der Reform der Heimerziehung und einem neuen Verständnis des Faches Sozialpädagogik stellt Anne Frommann das „Ich“ des zu unterstützenden jungen Menschen ins Zentrum ihres Denkens und Handelns. „Menschlichkeit als Methode“ – ein Buch, das die Humanisierung des Menschen anstrebt (ISBN 978-3-89376-127-2).

Teilnahme und Anmeldung

Seien Sie willkommen! Bitte melden Sie sich vorab an! Eintritt frei. Nach der Anmeldung wird der Zugangslink zugesandt. Eine zusehend-zuhörende Teilnahme per Internet ist auch ohne eigene Webkamera und ohne eigenes Mikrofon möglich. Veranstaltungsübersicht siehe: www.bloch-blog.de
Um Anmeldung mit Angabe des Termins wird gebeten bei: schroeter@talheimer.de

Veranstaltende sowie Partnerinnen und Partner

Redaktion „Latenz“
http://www.talheimer.de/gesamtverzeichnis.html?page=shop.browse&category_id=28

Hans-Mayer-Gesellschaft e.V.
http://www.hans-mayer-gesellschaft.de/

Talheimer Verlag
www.talheimer.de/talheimer-neuerscheinungen

Onlineportal „Leipziger Frauenporträts“
https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/frauen/leipziger-frauenportraets

Porträt Karola Bloch im Onlineportal „Leipziger Frauenporträts“
https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/frauen/1000-jahre-leipzig-100-frauenportraets/detailseite-frauenportraets/projekt/bloch-karola-geborene-piotrkowska

Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V.
https://www.louiseottopeters-gesellschaft.de/

Zeitraumort (Leipzig)
www.zeitraumort.de

 

Befreiung und Hoffnung

Heinrich Bleicher-Nagelsmann (Verband deutscher Schriftsteller VS) am 8. Juli 2015 in Mössingen. - Foto: © Welf Schröter

Heinrich Bleicher-Nagelsmann (Verband deutscher Schriftsteller VS) am 8. Juli 2015 in Mössingen. – Foto: © Welf Schröter

Die Zahl derer, die in Europa Grundprinzipien der Demokratie und deren Praxis in Frage stellen, nimmt in vielen Ländern zu. Europa als demokratisches Friedensversprechen gegen die Verbrechen des Nationalsozialismus gewinnt unter jungen Menschen jedoch an Anziehung. Im Gegensatz dazu wachsen eher innerhalb der mittleren und älteren Generation Zweifel und Distanz. Diese Menschen suchen auf ihre Enttäuschungen zumeist Antworten in der Vergangenheit, – nicht als aufzuhebende Erbschaft ungleichzeitiger Erfahrungen sondern als eindimensionaler Fluchtpunkt rückwärts.

Am 8. Juli 2015 kamen in Mössingen zahlreiche Nachdenkliche zusammen, um sowohl an den 70. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Alliierten wie auch an den 130. Geburtstag Ernst Blochs zu erinnern. Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch des verstorbenen Harold Livingston (Helmut Löwenstein) gedacht. Er war der Sohn des jüdischen Mitbegründers des Textilunternehmens Pausa, Artur Löwenstein. Die Pausa arbeitete vor 1933 eng mit dem Bauhaus in Dessau zusammen. Die Belegschaft der Pausa löste den „Mössinger Generalstreik“ gegen Hitler am 31. Januar 1933 aus. Das Unternehmen wurde 1936 zwangs„arisiert“. Helmut Löwenstein wurde mit seiner Familie und seinen Verwandten 1936 von Nationalsozialisten aus Mössingen und Stuttgart vertrieben. Er kehrte 1945 als 22-jähriger Soldat der britischen Armee nach Deutschland zurück und gehörte zu den Befreiern des KZ Bergen Belsen. Unter dem Namen Harold Livingston lebte und starb Helmut Löwenstein in London.

In seiner Rede zum Thema „Befreiung und Hoffnung – 70 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus“ ermutigte Heinrich Bleicher-Nagelsmann vom Vorstand des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) seine Zuhörerinnen und Zuhörer, sich für ein demokratisches und soziales Europa in der Tradition von Ernst und Karola Bloch einzusetzen. Achtzig Jahre nach der Vertreibung der in Mössingen arbeitenden jüdischen Bürgerinnen und Bürger lohnt es sich, diese Rede noch einmal zu lesen (Rede_Heinrich_Bleicher-Nagelsmann_2015).

Vergessene Architekten

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(Foto: © Welf Schröter)

Er gehörte für Karola Bloch zur politischen Familie, auch wenn – oder auch weil – er von Stalin verfolgt wurde. Sie, die Architektin und Bauhaus-Anhängerin, freute sich, ihn zu treffen, von ihm zu hören und zu lesen. Am 18. November 2014 jährte sich der Geburtstag des Architekten und Dessauer Bauhausdirektors Hannes Meyer zum 125. Mal.

Meyer wurde von Gropius zum Bauhaus geholt und vom ihm vertrieben, weil er zu politisch, zu politisch links war. Dieses Politische in der Architektur aber, ihre ganzheitliche Gesellschaftlichkeit war es, die Karola Bloch an Meyer schätzte und der sie selbst nachfolgen wollte.

Meyer ging mit großen Erwartungen 1930 nach Moskau. Er wollte durch neues Bauen zu neuen Gesellschaften beitragen. Mit diesem Tagtraum kam Karola Bloch 1949 in die DDR nach Leipzig. Meyer floh alsbald in die Schweiz. Seine Partnerin wurde von Stalins Häschern ermordet. Karola Bloch erhielt in der zweiten Hälfte der Fünfziger-Jahre Berufsverbot in „Pachulkistan“ (so nannte der Bloch-Schüler Jürgen Teller die DDR). 1961 wechselt die Architektin von Leipzig nach Tübingen. Beide Architekten gehören heute noch immer zu den Vergessenenen in ihrem Berufszweig.

Schon 1951 schrieb Karola Bloch an Hannes Meyer in der Schweiz, er möge nicht in die DDR kommen. Die Bauhaus-Tradition sei durch den ideologischen „Formalismusstreit“ des „sozialistischen Realismus“ weitgehend getilgt worden: „Der sowjetische Prozess brauchte hier nicht zu sein“, schrieb die Polin und Jüdin kritisch über die planwirtschaftlichen Exerzitien Ulbrichts. Karola Bloch arbeitet bis zum Tätigkeitsverbot in der DDR zu Kindertagesstätten und Kinderkrippen, da es dabei „nicht so viele Schwierigkeiten zu überwinden“ gibt. Hannes Meyers Tod 1954 hat Karola Bloch schwer getroffen.

„Daß Sie zur Familie gehören, ist selbstverständlich, und ich habe stets, allen Merkers zum Trotz, zu Ihnen gehalten und Sie stolz meinen Freund genannt!“ (Karola Bloch am 21. 10. 1951 an Hannes Meyer).

 

Karola Bloch: Der unkünstlerischste Naturalismus. Brief an Hannes Meyer. In: Irene Scherer, Welf Schröter (Hg.): Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin. Eine Neuentdeckung des Wirkens der Bauhaus-Schülerin. (2010) ISBN 978-3-89376-073-2

Eine nicht gehaltene Rede in der Nikolaikirche Leipzigs

Fünfundzwanzig Jahre nach dem von Montagsdemonstranten erfolgreich eingeleiteten Sturz des SED-Regimes in der DDR ist es Zeit an einen historischen Moment zu erinnern, der mit großen Emotionen vorbereitet wurde und doch nie stattfand. Es geht um eine nicht gehaltene Rede in der Leipziger Nikolaikirche.

Leipziger Nikolaikirche (Foto: © Welf Schröter)

Leipziger Nikolaikirche (Foto: © Welf Schröter)

In Tübingen fanden sich schon vor 1989 immer wieder prominente DDR-Kritiker ein, die von der StaSi bedrängt, verfolgt und letztlich aus ihren Wirkungsstätten zwangsweise ausgebürgert wurden. Karola Bloch empfing Rudolf Bahro (1935-1997), Jürgen Fuchs (1950-1999), Jürgen Teller (1926-1999) und viele mit weniger bekanntem Namen. Auch Lew Kopelew (1912-1997) und Vertreter der im polnischen Untergrund tätigen Gewerkschaft Solidarnosc traf die Architektin, Bauhausanhängerin und Antifaschistin in der Neckarstadt.

Mit großer Sympathie und Herzblut verfolgte Karola Bloch im Frühjahr, Sommer und Herbst des Jahres 1989 die Ereignisse in Leipzig. Sie stand unzweideutig auf der Seite des „Neuen Forum“ und der Montagsdemonstranten. So war es ihr eine Freude, nach dem damaligen November das Leipziger „Haus der Demokratie“ mit einer besonderen Buchspende zu unterstützen. Auf Wunsch der dortigen „Initiative für Demokratie und Menschenrechte“ sandte sie eine Gesamtausgabe der Werke Ernst Blochs für die öffentliche Bibliothek des Hauses. Die Leipziger bedankten sich: „Da es in der DDR sehr schwer ist, an die Bloch-Gesamtausgabe heranzukommen, sie ist nicht einmal in der Leipziger Universitätsbibliothek zu lesen, freut uns ihr Besitz umso mehr. Unsere Bibliothek wird von sehr vielen Leuten frequentiert, so dass sie dort allen Interessenten zur Verfügung steht.“

Wochen zuvor saßen in Leipzig Vertreter des „Neuen Forum“, von „Demokratie Jetzt“ und der örtlichen Friedensgruppe sowie einem Gast aus Tübingen im Büro von Pfarrer Christian Führer (1943-2014) zusammen. Es sollte eine Rede und Lesung Karola Blochs (1905-1994) in der Nikolaikirche im Frühjahr 1990 vorbereitet werden. Jürgen Teller, als früherer – von der StaSi verfolgter – Bloch-Assistent war als einleitender Referent vorgesehen. Die Leipziger Bürgerbewegungen wollten zu dieser Veranstaltung einladen.

Karola Bloch war von dieser Einladung sehr berührt. Sie wollte sie annehmen und sich auf die Seite der Demokratie „von unten“ stellen. Doch zu diesem Auftritt kam es nicht. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich. Die 85-Jährige konnte nicht reisen. Ein besonderer Moment in Leipzig fand nicht statt. Dieser konnte auch nicht mehr nachgeholt werden.

Schon im Herbst 1989 hatte Jürgen Teller, dem die DDR-Regierung seinen wissenschaftlichen Werdegang zerstörte, nach Tübingen geschrieben: „Karola, […], fehlt uns heute in Leipzig.“

Lesehinweis: Welf Schröter: Utopie und Moral. In: Francesca Vidal (Hg.): Wider die Regel. Mössingen 1991. S. 53-69. ISBN 978-3-89376-015-2